Markus Söder im Wahlkampf: Laschets ärgster Gegner
Bayerns Ministerpräsident sagt dem Kanzlerkandidaten der Union jetzt auf dem CSU-Parteitag volle Unterstützung zu – wer’s glaubt. Ein Kommentar.
Erstaunlich, wie halbtot die CDU dieser Tage erscheint. Sie kann sich noch nicht einmal mehr mit der CSU streiten, und hätte doch allen Anlass. Armin Laschets Lethargie wird zum Programm. Wie anders dagegen die CSU mit ihrem großmächtigen Vorsitzenden Markus Söder. Und jetzt hat er auch noch Parteitag!
Großmächtig deshalb, weil er es geschafft hat, in der CSU alle wegzubeißen, die ihm auch nur annähernd gefährlich werden könnten. Daher die, Verzeihung, Großmäuligkeit in beinahe jede Richtung. Es bekommt ja nicht nur Laschet beinahe täglich einen mit. Die zu Hause, also in Bayern, bekommen es auch zu spüren. Da gibt es zwar eine Koalition, weil die CSU doch nicht ganz so stark ist. Aber Söder tut so, als hätte er damit höchstens am Rande zu tun. Nach dem Motto: Der Staat bin ich.
Ist er aber nicht. Als der Ministerpräsident beispielsweise im Bund stramm und streng den scharfen Lockdown fordert, kommen seine Koalitionspartner von den Freien Wählern und sprechen von – Achtung – „Verfassungsbeschwerde“. Der Koalitionspartner, nicht die Opposition! Außerhalb Bayerns wird das bloß nicht zur Kenntnis genommen.
Besser wär’s. Denn dann würde sich manches Urteil relativieren, mit Söder liefe es in der Unionskampagne für die Bundestagswahl besser. Der historische Tiefstand bei den Umfragen für die CSU – unter 30 Prozent – hat ja nicht nur mit Laschet und dessen Mangel an Ausstrahlung zu tun. Er ist auch das Ergebnis hausgemachter Politik.
Noch ein Beispiel: Bienen schützen, Bäume umarmen, das alles ersetzt keine Umweltpolitik, die er, Söder, längst hätte machen können. Bisher war seine Landesregierung aber eher der Bremser. Außer bei jüngsten Forderungen nach einem früheren Kohleausstieg. Allerdings hat Bayern mit Kohle nichts zu schaffen und daher gut reden.
Rumhacken, auf Teufel komm raus
Wie aber beim Umstieg zur Klimaneutralität in den kommenden Jahren 80 Prozent von 3240 Milliarden Kilowattstunden Strom im Jahr ersetzt werden können – dazu kommt auch vom vermeintlichen fränkischen Umweltschützer nichts. Geschweige denn, dass diese Herausforderung so adressiert wird, um ihre Dimension deutlich zu machen. Dann müsste Söder nämlich ganz anders rangehen.
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Stattdessen hackt er auf Laschet rum; oder lässt auf ihm rumhacken. Gefühlt hat der Schulterschluss keine zwei Tage gehalten. Seither wird Laschet schlechtgemacht, in einer Weise, die ohnegleichen ist. Das sind längst keine „Schmutzeleien“ mehr, wie sie Horst Seehofer einst beklagte. Das ist eine systematische Kampagne. Dass Söder dem Kandidaten jetzt auf dem CSU-Parteitag volle Unterstützung zusagt – wer’s glaubt.
Der Unionsfreund setzt Laschet mehr zu als alle politischen Gegner zusammen. Kein Franz Josef Strauß hätte sich je so verhalten. Die CSU-Ikone hat einmal ihre Meinung über Helmut Kohl kundgetan, und danach konnte es jeder wissen.
Bei Söder dagegen wird das notorisch. Und ist nicht mehr verständlich. Dass er am Anfang beleidigt war, nicht Unionskanzlerkandidat geworden zu sein – geschenkt. Auch wenn es überraschend unerwachsen war, weil Politik so ist, dass man auch mal verliert. Aber jetzt immer noch? Jetzt steht die Union am Abgrund, schaut schon in ihn hinein – und es wirkt, als wolle Söder sie hineinstoßen. Dumm nur, dass er dann selbst mitfällt.