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Der Bestand an sozialen und preiswerten Mietwohnungen in Berlin schrumpft weiter.
© Bernd von Jutrczenka/dpa

Wohnungen in Berlin: Landeseigene Unternehmen bauen ein Viertel weniger

Innerhalb eines Jahres ist die Zahl der Wohnungen, die von landeseigenen Unternehmen gebaut wurden, um 25 Prozent zurückgegangen. Das verschärft den Verteilungskampf.

Neuer Rückschlag für die Stadtentwicklungspolitik Berlins: Die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen, denen der Senat die Hauptrolle bei der Bekämpfung der Wohnungsnot zugedacht hat, bauen deutlich weniger. Die Zahl der genehmigten Wohnungen der „öffentlichen Bauherren“ ging im vergangenen Jahr sprunghaft zurück: um ein Viertel gegenüber dem Vorjahr.

SPD, Linke und Grüne hatten im Koalitionsvertrag vor eineinhalb Jahren erklärt, „die Sicherung und zusätzliche Schaffung von bezahlbaren Wohnungen“ würden primär die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften leisten. Dazu sollen die sechs Firmen bis zum Jahr 2020 rund 40000 Wohnungen bauen oder dazukaufen. Im Jahr 2017 genehmigten Berliner Bauämter den Bau von 3256 öffentlichen Wohnungen, rund 1100 weniger als ein Jahr zuvor.

Die sechs städtischen Firmen sind zur Bekämpfung der Wohnungsnot sehr wichtig, weil sie die Hälfte ihrer neu gebauten Wohnungen für 6,50 Euro je Quadratmeter an Berliner Haushalte mit begrenzten Einkommen vergeben müssen. Auch die andere Hälfte des neu geschaffenen Wohnraums vermieten sie deutlich günstiger als private Firmen.

Mehr Menschen brauchen knapper werdende günstige Wohnungen

In der Hauptstadt fehlt es vor allem an bezahlbaren Wohnungen, weil jeder zweite Berliner so wenig verdient, dass er einen Anspruch auf eine Sozialwohnung hat. Außerdem wuchs die Stadt um zuletzt 60.000 Menschen im Jahr, und diese Neu-Berliner kommen weit überwiegend aus wirtschaftlich schwächeren Ländern Osteuropas oder Kriegsgebieten. Das verschärft den Verteilungskampf um den ohnehin schrumpfenden Bestand an sozialen und preiswerten Mietwohnungen. Das Angebot privater Bauträger, die dreieinhalb Mal mehr Wohnungen im Jahr schaffen als die öffentlichen, deckt diesen Bedarf nicht, weil deren Miet- und Kaufpreise zu hoch sind.

"Fatale Entwicklung am Markt vorbei"

Von einer „fatalen Entwicklung am Markt vorbei“ sprach der Chef des Berliner Mietervereins, Reiner Wild. Es fehlten preiswerte Wohnungen, daher brauche es mehr, nicht weniger städtische Wohnungen. Der Generalsekretär der Berliner CDU, Stefan Evers, sieht die „ersten Folgen des Politikwechsels, der den Berliner teuer zu stehen kommen wird“. Immer neue Auflagen, Enteignungsfantasien und die Neigung, „den Wohnungsbau zu Tode zu partizipieren“, führten dazu, dass „die Mieten in Berlin unter Garantie weiter steigen“. In einem Brandbrief an Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) hatten die Chefs der Landesfirmen vor einem halben Jahr vor „absehbar rückläufigen Baugenehmigungszahlen bei unseren Projekten“ gewarnt. Es fehle an Personal, die „bezirkspolitischen Abstimmungen“ dauerten zu lange und es bestehe eine „grundsätzlich ablehnende Haltung gegen Neubauprojekte“, die die „politische Priorisierung“ der Partizipation noch befördere.

Viele Regulierungen machten das Bauen unattraktiv

Marion Haß, Geschäftsführerin der Berliner Industrie- und Handelskammer, warnte vor den Folgen der „einseitig auf die Bestandssicherung“ ausgerichteten Stadtentwicklungspolitik für den Wirtschaftsstandort. Die vielen Regulierungen machten das Bauen wenig attraktiv – trotz des „enormen Wohnungsbedarfs“.

Bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hieß es, die Zahlen „spiegeln nicht umfassend die Aktivitäten der landeseigenen Wohnungsunternehmen“, da diese „auch schlüsselfertige Projekte ankaufen von privaten Entwicklern“. Die Statistik führe diese als private Vorhaben. Solche Ankäufe laufen allerdings schon seit Jahren, sagen Wohnungsexperten. Außerdem sinkt auch die Summe aller neu genehmigten Wohnungen in Berlin.

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