Bauen in der Hauptstadt: Investoren verabschieden sich ins Berliner Umland
Teuer, langwierig, unsicher: Das ist Bauen in Berlin. Im Umland der Hauptstadt scheinen Investitionen besser angelegt zu sein.
Dann lieber in der Einflugschneise: Berliner Bauherren kehren der Stadt den Rücken und bauen – in Schönefeld. Im Umfeld der ewigen Baustelle des Großflughafens BER sind nach einer Studie des Forschungsinstituts Bulwiengesa 4100 Mietwohnungen, 1500 Eigentumswohnungen und 540 Häuser in Bau oder in Planung. Das südliche Berliner Umland boomt – und das auch deshalb, weil in Berlin Verlässlichkeit und Planbarkeit fehlen.
Zum Beispiel Bauwert. Die Firma baut seit Jahrzehnten in Berlin. In der frühen Hauptstadteuphorie Mitte der 1990er Jahre errichtete sie Bürohäuser. Als eine der ersten erkannte die Firma die Nachfrage nach Eigentumswohnungen und verlegte sich Anfang der 2010er Jahre auf dieses Geschäft. Jetzt zählt die Firma wieder zu den Vorreitern und baut Wohnungen im Brandenburgischen Wildau. In Berlin „dauern die Verfahren zu lange“ und ihr Ausgang sei ungewiss, sagt Henning Hausmann von Bauwert.
Bei der Firma Bauwert zieht man auch die Konsequenz aus der ewigen Bauplanung an der Fidicinstraße in Kreuzberg. Auf dem früheren Areal der Bock-Brauerei wollten sie 300 Wohnungen errichten. Eine landeseigene Firma sollte die subventionierten Mietwohnungen übernehmen. Der Bezirk habe Gewerbe bevorzugt. Die Firma lenkte ein und schlug Bürohäuser vor. Auch das stieß auf Widerstand. Im dritten Anlauf sollen nun zur Hälfte Gewerbe und zur anderen Hälfte Wohnungen entstehen. Der Ausgang ist ungewiss.
„Früher haben Bauplanungen eineinhalb Jahre gedauert“, sagt Hausmann. Und man habe sich auf politische Zusagen verlassen können. Heute müsse man damit rechnen, dass Vereinbarungen kurze Zeit später in der Bezirksverordnetenversammlung wieder kassiert werden.
„In Berlin machen wir gar nichts“
Desiree Freiin von Künsberg von der Berlin-Schönefeld Projektentwicklungs- und Baubetreuung sagt: „In Berlin machen wir gar nichts.“ Von „enorm gestiegenen Auflagen“ bei der Entwicklung von Grundstücken berichtet sie und von einem schwierigen Baurecht. Die ursprünglich aus München kommende Familie investiert auch in der Umgebung von Schönefeld, zumal „das für mich zu Berlin zählt“, sagt Künsberg.
Das hätte Andreas Schulten von Bulwiengesa nicht besser sagen können. Er dokumentiert den kräftig anziehenden Wohnungsmarkt und die Zuzüge mit Excel-Tabellen: Überwiegend Familien mit Kindern ziehen raus, weil sie im Umland bezahlbare Wohnungen oder Häuser finden.
Es sind überwiegend Mittdreißiger, die oft in der Gegend arbeiten. S-Bahn, Wald und Sportmöglichkeiten vor der Tür, eine Fachhochschule sowie das Luft- und Raumfahrtzentrum mit 130 Firmen – das alles gibt es in Waldau und es liegt nicht mal in der Einflugschneise des Flughafens BER.
„Wir rechnen mit über 50.000 Arbeitsplätzen um den BER herum“, sagt Schulten. Ein Schub im Süden Berlins sei zu erwarten, falls der Airport tatsächlich fertig werden sollte. Und wenn nicht, „wird das Feld eben bebaut“. Die Entwicklung nehme auch so schon seinen Lauf. In Wildau zahlten Mieter auch schon bis zu 12 Euro je Quadratmeter, in Zeuthen ebenfalls. Und der Experte vergleicht den Süden Berlins mit den „Taunus-Vororten von Frankfurt am Main“.
„In Berlin kommen wir nicht voran“
Vor allem rechnen sich die Investitionen wegen der „Willkommenskultur“ in regionalen Verwaltungen, die den Bauträgern Planungssicherheit gibt. Aus dem Boden stampfen die Entwickler „Neu-Schönefeld“. Wo sich zurzeit 500 Menschen verlieren, entsteht binnen 15 Jahren eine Siedlung für rund 30.000 Menschen. Der Entwickler „DIE“ baut die Wohnhäuser und Gewerbeobjekte für Pensionsfonds und Versicherungen, die vor allem nach Sicherheit bei ihren Anlagen fragen. Hier gibt es sie noch.
„In Berlin kommen wir nicht voran“, sagt auch Helmut Kunze von der Firma Bonava. Nun investiert auch sie in Schönefeld. Seit sechs Jahren bemühe er sich bei seinem Berliner Projekt um Baurecht. Solche Probleme gebe es im südlichen Umland nicht. Und das Umland entwickle sich wegen der bestehenden Infrastruktur auch ohne BER. Sollte der kommen, werde der Markt ähnlich sprunghaft anziehen wie das Umfeld des Münchener Flughafen nach dessen Eröffnung im Jahr 1992.
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