Sieben Tage bis zum Präsidentenwechsel: Künftige US-Minister widersprechen Trump
Russland, Klima, Nato, Folter: Bei den Anhörungen zeigen die Kabinettskandidaten erstaunliche Distanz zur erklärten Politik des neuen US-Präsidenten. Eine Analyse.
Zu Donald Trumps Tricks im Umgang mit der Öffentlichkeit gehört auch dieser: Wann immer ein Thema zu einem Problem wird, provoziert er eine Debatte über einen anderen Aufreger, um davon abzulenken.
Was ist die Bedrohung, was die Ablenkung?
Derzeit wachsen Trumps Probleme freilich in einem Maße, dass man kaum noch weiß, was für ihn die Bedrohung und was die Ablenkung ist. Lenkt die Aufregung über das angebliche russische "Kompromat"-Dossier von der Nicht-Lösung seiner Interessenkonflikte zwischen Präsidentenamt und Trump-Firmen ab? Oder ist es umgekehrt?
Hinter beidem verschwindet in diesen Tagen ein Vorgang, der in normalen Zeiten höchste Aufmerksamkeit finden würde: die Anhörung seiner Ministerkandidaten im Senat. Denn die widersprechen dem künftigen Präsidenten in einem erstaunlichen Maße, vom Verhältnis zu Russland über die Nato bis zum Gebrauch von Foltertechniken wie dem "Waterboarding".
Es geht um die Berechenbarkeit einer Weltmacht
Hier geht es nicht um interne Abstimmungsprobleme, sondern um die Frage, ob Amerikas Verbündete und Partner einen klaren Kurs von der künftigen US-Regierung erwarten und sich darauf einstellen können. Es geht um die Berechenbarkeit der Weltmacht.
Es ist zwar üblich, dass die Kabinettkandidaten, die ein Präsident nominiert, ihre Worte vorsichtig wählen, um den Senatoren keinen Vorwand für eine Ablehnung zu liefern. Ohne Zustimmung des Senats kann niemand für einen hohen Regierungsposten ernannt werden. Klassische Versuche der Opposition dabei sind, einen Kandidaten zu einer Aussage zu bringen, dass er das geltenden Recht nicht anwenden möchte, zum Beispiel bei Abtreibungen. Hier aber geht es um eine andere Dimension. Die Widersprüche zwischen der erklärten Politik Trumps und den Aussagen seiner Ministerkandidaten sind überraschend groß.
Differenzen in der Einschätzung Putins
Trump spricht meist positiv über Wladimir Putin und hält es für falsch, Russland als Gegner zu betrachten. Sein designierter Außenminister Rex Tillerson nennt Putin eine internationale Bedrohung. Russland müsse man durch sichtbare militärische Stärke entgegentreten. Sein designierter Verteidigungsminister James Mattis sagt, die Versuche, Russland durch eine entgegenkommende Politik zu beeinflussen, seien fast alle gescheitert. Putins Ziel sei es, "die Nato zu zerbrechen".
Trump hat die Geheimdienste scharf für den Vorwurf kritisiert, Russland habe die US-Wahlen manipulieren wollen. Sein künftiger CIA-Chef Mike Pompeo verteidigt die Analyse der Dienste vehement im Senat.
Trump verurteilt den Iran-Deal, der Minister unterstützt ihn
Trump hat das Atomabkommen mit dem Iran als den schlechtesten Deal aller Zeiten verurteilt. Mattis sagt, er unterstütze das Abkommen.
Trump bestreitet, dass der Klimawandel eine Bedrohung sei und bezweifelt, dass menschliches Handeln eine Hauptursache sei. Das Pariser Klimaabkommen stellt er in Frage. Tillerson ist anderer Meinung: Die USA müssten "ihren Sitz am Verhandlungstisch behalten" und "die Gefahren des Klimawandels bekämpfen".
Trump hat im Wahlkampf die Beistandsklausel der Nato in Frage gestellt. Die USA sollten nur die Alliierten verteidigen, die die vereinbarten zwei Prozent ihrer Wirtschaftskraft für Verteidigung ausgeben. Mattis widerspricht: "Wir müssen integrierte diplomatische, ökonomische und militärische Schritte unternehmen, um uns zu verteidigen."
Widerspruch auch bei der Mauer zu Mexiko
Trump hat in der Pressekonferenz am Mittwoch bekräftigt, dass er eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen wolle. Sein künftiger Minister für Homeland Security, John Kelly, sagt im Senat, eine Mauer sei nicht das Mittel, um die illegale Einwanderung zu bekämpfen. Amerika brauche ein System gestaffelter Maßnahmen.
Auch bei Trumps Überlegung, das so genannte Waterboarding - eine Foltermethode, die das Ertrinken simuliert - bei den Verhören Terrorverdächtiger wieder zuzulassen, widersprechen Regierungskandidaten im Senat. Neben dem designierten CIA-Chef Pompeo zum Beispiel auch der designierte Justizminister Jeff Sessions.
Doch kein Einreiseverbot für Muslime?
Sessions nahm auch Abstand von Trumps Ankündigung, Muslimen die Einreise in die USA zu verbieten. "Ich glaube nicht an diese Idee und ich unterstütze sie nicht", sagte Sessions.
Wer wird nun in der praktische Regierungspolitik bei all diesen Fragen wortbrüchig: Donald Trump oder seine Minister?