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CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer
© dpa/Jörg Carstensen
Update

Kontroverse um CDU-Mitglied: Kramp-Karrenbauer entfacht Debatte über Parteiausschluss von Maaßen

Die CDU-Chefin ist froh, dass Hans-Georg Maaßen „keine Verantwortung mehr“ für den Verfassungsschutz hat. Maaßen wirft ihr parteischädigendes Verhalten vor.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sieht bei ihrer Partei und dem Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen keine Gemeinsamkeiten mehr – und hat nun eine Debatte über ein mögliches Parteiausschlussverfahren entfacht. „Es gibt aus gutem Grund hohe Hürden, jemanden aus einer Partei auszuschließen. Aber ich sehe bei Herrn Maaßen keine Haltung, die ihn mit der CDU noch wirklich verbindet“, sagte Kramp-Karrenbauer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe auf die Frage, ob sie über einen Parteiausschluss des langjährigen CDU-Mitglieds Maaßen nachdenke. Dabei vermied sie eine klare Antwort.

Als ehemalige Landesinnenministerin des Saarlands sei sie „froh, dass Herr Maaßen keine Verantwortung mehr für den deutschen Verfassungsschutz“ habe. „Die CDU hält es aus, wenn unterschiedliche Meinungen geäußert werden. Aber: Die CDU ist auch eine Partei, die von einer gemeinsamen bürgerlich-konservativen Haltung getragen wird. Eine Politik unter dem Deckmantel der CDU zu machen, die den politischen Gegner vor allem in den eigenen Reihen sieht, wird dieser Haltung nicht gerecht.“

Maaßen warf Kramp-Karrenbauer parteischädigendes Verhalten vor. „Es ist mir ein Rätsel, wer ihr dazu geraten hat, solche Gedankenspiele zu formulieren“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Es gebe in der Tat hohe Hürden für einen Parteiausschluss „und ich hätte im Leben nicht gedacht, dass diese Hürden mich einmal schützen müssten“. Der Nachrichtenagentur AFP sagte Maaßen, Kramp-Karrenbauers Überlegungen schadeten der CDU massiv und würden „dem politischen Gegner massiv Mitglieder und Stimmen in die Arme treiben“.

Er halte es für „bedenklich im Sinne der innerparteilichen Demokratie, dass Personen, die nicht auf Linie sind, ausgegrenzt werden sollen“, sagte Maaßen, der sich seit einigen Monaten für die erzkonservativ ausgerichtete Werteunion in der CDU/CSU engagiert. Unter anderem absolvierte er mehrere Wahlkampfauftritte in den ostdeutschen Bundesländern, in denen Landtagswahlen bevorstehen.

Kramp-Karrenbauers Vorwurf, dass ihn mit der CDU nichts mehr wirklich verbinde, wies Maaßen gegenüber AFP zurück. Er betonte den großen Zuspruch, den er an der Basis erfahre. „Ich erhalte bei meinen Auftritten für die CDU sehr positive Rückmeldungen gerade von unentschlossenen Wählern und habe den Eindruck, dass ein großes Bedürfnis nach klaren Positionen besteht.“

„Ich hatte immer Hochachtung vor ihr“

„Nicht ich habe mich von den Positionen meiner Partei entfernt, sondern die CDU ist unter der früheren Parteivorsitzenden (Angela Merkel) weit nach links gerückt“, sagte Maaßen der dpa. Die CDU sei im Gegensatz zu den dogmatischen Parteien des linken Spektrums immer eine Partei der Vielfalt gewesen. „Dass AKK mit dieser Tradition brechen will, glaube ich nicht. Es würde mich sehr enttäuschen, denn ich hatte immer Hochachtung vor ihr.“

Maaßen war im Spätsommer 2018 als Präsident des Bundesverfassungsschutzes in die Kritik geraten, nachdem er die Echtheit eines Videos bezweifelt hatte, das nach der Tötung eines Mannes in Chemnitz eine Attacke gegen Migranten zeigt. Im November 2018 versetzte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Maaßen in den einstweiligen Ruhestand, nachdem dieser laut einem Redemanuskript von teils „linksradikalen Kräften in der SPD“ gesprochen hatte. Maaßen hat seine Kritik an der Migrationspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Bundesregierung auch zuletzt immer wieder bekräftigt.

Hans-Georg Maaßen (CDU), ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsschutzes
Hans-Georg Maaßen (CDU), ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsschutzes
© dpa/Jörg Carstensen

Auf die Frage, ob sie Maaßen und der konservativen Werte-Union mit ihren Aussagen die gelbe Karte zeige, sagte Kramp-Karrenbauer: „Die Tea-Party-Bewegung in den USA hat die Republikaner ausgehöhlt und radikalisiert. Das wird die CDU, das werde ich als Vorsitzende, nicht zulassen. Es ist das gute Recht jedes Mitglieds, seine Meinung zu äußern. Der Versuch aber, eine gänzlich andere Partei zu schaffen, stößt auf meinen allerhärtesten Widerstand.“

Der Vorsitzende der Werte-Union, Alexander Mitsch, sagte der dpa, ein Parteiausschlussverfahren wäre nicht nur unbegründet, sondern würde der CDU auch massiv schaden. „Herr Maaßen steht für die Hoffnung vieler Bürger und Unionsmitglieder auf die notwendige Politikwende, insbesondere für mehr Innere Sicherheit.“

Kretschmer und Mohring gegen Ausschlussdiskussion

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sagte, ein Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen sei der falsche Weg. „Bei aller berechtigten Kritik an Hans-Georg Maaßen - wir schließen niemanden aus der CDU aus, nur weil er unbequem ist“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Er rate „zu Gelassenheit im Umgang mit unterschiedlichen Meinungen in unserer Volkspartei“. Die Bundespolitik solle sich auf wichtige Themen konzentrieren. „Aktuell sollten wir das Thema Grundrente für die vielen Menschen mit gebrochener Erwerbsbiografie klären - das ist doch Arbeit genug.“

Der thüringische CDU-Chef Mike Mohring kritisierte die Diskussion über ein mögliches Parteiausschlussverfahren. „Wir empfinden diese neuerliche Personaldiskussion als nicht sonderlich hilfreich“, sagte Mohring am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Die permanent nach innen gerichteten Debatten - egal von wem und welcher Gruppe innerhalb der CDU - taugen nur bedingt.“

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak schrieb auf Twitter, Kramp-Karrenbauer habe keinen Parteiausschluss Maaßens gefordert. Dazu postete er einen Screenshot der Interviewpassage, in der es um den Ex-Verfassungsschutzchef geht. „In der CDU als Volkspartei der Mitte mit über 400.000 Mitgliedern werden unterschiedliche Meinungen vertreten - und das ist auch gut so.“

Maaßen fühlt sich falsch verstanden

Maaßen selbst hatte zuletzt in einem Interview der „Rheinischen Post“ gesagt, er halte sich nicht für rechts. „Menschen, die mich näher kennen, halten mich für sozial und damit für eher links - und für einen Realisten. So sehe ich mich auch.“ Er wolle nicht in die rechte Ecke gestellt werden. „Nur weil man die Klimapolitik und die Migrationspolitik kritisiert, nur weil man Bedenken hat, was einige Punkte der Sicherheitspolitik angeht, ist man nicht automatisch rechts. Der Ausdruck Rechts wird heute inflationär verwendet, um Personen auszugrenzen und um sich mit den Sachargumenten nicht auseinandersetzen zu müssen.“

In dem Interview hatte Maaßen auch gesagt, ihn schockiere die Harmoniebedürftigkeit in der CDU. „Der Karlsruher Parteitag 2015 war für mich ein Damaskus-Erlebnis.“ Die damalige CDU-Vorsitzende Angela Merkel habe dort eine überwältigende Mehrheit bekommen und neuneinhalb Minuten Applaus. „Niemand hat sie mit Blick auf die Flüchtlingspolitik kritisiert. Obwohl viele Politiker, die dort waren, mir gesagt hatten: So geht es nicht weiter.“ Dies sei einer Volkspartei unwürdig.

Vor der sächsischen Landtagswahl am 1. September hatte Maaßen bei einer CDU-Wahlkampfveranstaltung in Radebeul Anfang August ein konsequentes Vorgehen bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber gefordert. Diese müssten nicht nur rechtlich, sondern tatsächlich abgeschoben werden, das gelte vor allem für Straftäter. „Rechtsstaatlichkeit ist wichtig für die Stabilität des Staates“, hatte er betont. Recht müsse auch dann vollzogen werden, wenn es „schlechte Bilder“ mit sich bringe. Viele Menschen hätten den Eindruck, dass man bei Rechtsvorschriften mit zweierlei Maß messe. (mes, dpa)

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