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Hans-Georg Maaßen (CDU), ehemaliger Verfassungsschutz-Präsident.
© Jörg Carstensen/dpa

Provokation mit neuem Westfernsehen-Tweet: Maaßen postet Hetz-Bericht von rechtsradikalem Medium

Erneut greift Ex-Verfassungsschutzespräsident Maaßen die deutschen Medien an. Diesmal beruft er sich auf ein Leitmedium der Neuen Rechten.

Der frühere Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans Georg Maaßen schreckt auch nicht mehr davor zurück, Inhalte eines Leitmediums der Neuen Rechte in Deutschland zu teilen. Am Sonntagvormittag twitterte er: „Sollte dieser Bericht zutreffen, ist Panorama jedenfalls kein Westfernsehen mehr.“ Verlinkt war ein Beitrag des rechtspopulistischen und AfD-nahen Portals „Journalistenwatch“ – kurz: JouWatch.

In dem Beitrag geht es darum, dass ein TV-Team des ARD-Magazins „Panorama“ an Bord der „Sea-Watch 3“ war – nämlich als Kapitänin Carola Rackete das Schiff mit 40 im Mittelmeer aufgelesen Flüchtlingen in den Hafen von Lampedusa steuerte. Das Portal unkt deshalb, es könne sich um eine reine Inszenierung für die ARD handeln.

Es sollte „um jeden Preise auf Konfrontation mit den italienischen Behörden“ kommen. Es werden sogar Vergleiche zur NS-Propaganda von den „Kraft durch Freude“-Kreuzfahrtschiffen gezogen, die ARD-Journalisten als „Verbindungsoffiziere“ und „Handlanger von Schleppern“ bezeichnet.

Mit seinem Tweet nimmt Maaßen Bezug auf einen fünf Tage zuvor, am Dienstag, von ihm gesendeten Tweet. Er hatte geschrieben: „Für mich ist die NZZ so etwas wie Westfernsehen“. Gemeint ist die „Neue Züricher Zeitung“ aus der Schweiz. Der Titel des geteilten NZZ-Beitrags lautete: „In deutschen Städten sieht die Mehrheitsgesellschaft ihrem Ende entgegen“.

Schon für diesen Tweet hatte Maaßen reichlich Kritik geerntet. Die "NZZ" erklärte über ihren offiziellen Twitteraccount: "Wir sind kein Westfernsehen. Dieser Vergleich ist unpassend und Geschichtsklitterung. Wir bitten Sie, in Zukunft davon abzulassen. Auch bei deutschen Medien arbeiten ausgezeichnete Journalisten und Journalistinnen."

Maaßens Westfernsehen-Vergleich ist historisch gemeint. Demnach wären die deutschen Medien wie in der DDR vom SED-Regime gleichgeschaltet und unterlägen der Zensur. In der DDR konnten jedoch teilweise auch TV-Sender aus der BRD empfangen werden. Für viele DDR-Bürger war das „Westfernsehen“ die einzige verlässliche Quelle um sich über wahren Zustände ihres eigenen Landes ein Bild zu machen. Auf diesen geschichtlichen Hintergrund hat Maaßen mit seinen Tweets Bezug genommen.

Nun muss sich Maaßen für seinen neuesten Westfernsehen-Tweet erneut Kritik gefallen lassen.  Der CDU-Politiker Rupprecht Polenz twitterte: „Und ich dachte immer, die Auswertung von Quellen und die Beurteilung ihrer Glaubwürdigkeit sei Kerngeschäft des Verfassungsschutzes. JouWatch ist rechtsradikal.“

Und Mathieu von Rohr, Chef des Auslandsressorts beim „Spiegel“ befand: „Besorgniserregend, was für einen Verschwörungswahnsinn Maaßen teilt. Der Mann, der für den Schutz der demokratischen Ordnung verantwortlich war, sieht es offenbar als Skandal an, dass Reporter sich an Bord eines Rettungsschiffs aufhalten und berichten. Das ist absurd.“

Andere Journalisten machten darauf aufmerksam, dass Maaßen mit seiner Äußerung ins selbe Horn wie die AfD stoße. Tatsächlich hatte die AfD am Samstag im südbrandenburgischen Cottbus ihren Ost-Wahlkampf für die Landtage in Sachsen, Brandenburg und Thüringen eröffnet. Dabei sagte Thüringens AfD-Chef Björn Höcke: „Es fühlt sich schon wieder so an wie in der DDR.“

Maaßen ist Mitglied der CDU und der kleinen Parteigruppierung Werte-Union, die sich als konservative Strömung in der Union versteht. Hätte Maaßen am Sonntag genauer auf dem Internetportal nachgelesen, hätte er sicherlich noch andere Beiträge gefunden, wie diesen: „Berliner Antisemitismus-Beauftragter ,Bessermensch mit erhobenem Zeigefinger‘“. Oder einen Beitrag über den Wahlkampfauftakt der AfD in Cottbus, der mit vielen Videos praktisch Wahlwerbung für die AfD betreibt.

Nach dem Beitrag über die „Sea-Watch 3“ hat JouWatch auch gleich einen Beitrag über die Identitäre Bewegung auf die Homepage gestellt. Erst vor wenigen Tagen hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz die Identitären als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung“ eingestuft und zum Beobachtungsobjekt erklärt. Es war also jene Behörde, deren Präsident Maaßen bis November 2018 war.

Auf dem Portal "JouWatch", wo sich der frühere Behördenpräsident am Sonntag tummelte, darf sich der Chef der Identitären in Deutschland, Daniel Fiß, ausführlich in einem Interview zu äußern, dass seine Gruppierung nun amtlich rechtsextremistisch ist. Ebenfalls am Sonntag erschien auf der Homepage dann ein Bericht aus Berlin-Kreuzberg, der Titel: „Linke Männer haben keine Eier“.

Im Impressum von JouWatch, „Verein für Medienkritik und Gegenöffentlichkeit“, heißt es: „Der Anbieter übernimmt ausdrücklich keine Gewähr – weder ausdrücklich noch stillschweigend – für Richtigkeit, Vollständigkeit, Verlässlichkeit und Aktualität sowie für die Brauchbarkeit der abgerufenen Beiträge für den Nutzer.“

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