Kritik an Ukraine-Oligarch Achmetow: Konstantin Wecker empört über Aufruf gegen Separatisten
Der reichste Mann der Ukraine, Rinat Achmetow, hat zum Protest gegen die prorussischen Separatisten geblasen. Dem Liedermacher Konstantin Wecker wird "speiübel" bei dieser Aktion.
So stellt sich Konstantin Wecker eine Revolution nicht vor. In sehr deutlichen Worten hat der Liedermacher kritisiert, wie der größte Arbeitgeber im Osten der Ukraine in den Konflikt eingreift. "Warum wird mir nur so speiübel, wenn Oligarchen ihre Lohnabhängigen zur ,Revolution' abkommandieren? Oder hab ich nur restlos veraltete Vorstellungen von Revolutionen?", schrieb Wecker in seinem Blog unter Bezug auf den Appell von Achmetow, der die Arbeiter seiner Werke am Dienstag in der Industriestadt Mariupol in einer dramatischen Ansprache zum friedlichen Aufstand gegen die prorussischen Separatisten aufgerufen hatte - in den Fabriken erklangen um zwölf Uhr die Sirenen, Beschäftigte versammelten sich, fuhren hupend in Autokorsos durch die Stadt.
Der Kohle- und Stahlmagnat Achmetow, dem auch der Fußballclub Schachtjor Donezk gehört, hatte bislang zwischen Übergangsregierung in Kiew und Rebellen laviert. Zwar ließ er schon in der vergangenen Woche Barrikaden der Aufständischen räumen, doch hielt er sich mit politischen Festlegungen zurück.
Wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl schlug er sich nun auf die Seite Kiews. "Die Menschen haben genug davon, in Angst und Terror zu leben", erklärte er.
In einer Videobotschaft betonte der Oligarch weiter: „In den Städten herrschen Banditen und Marodeure.“ Und: „Mit Maschinenpistolen durch die Städte des Donbass zu laufen - sollen so die Rechte der Donezker vor der Zentralregierung gewahrt werden?“
Linken-Politiker Liebich: Nicht abhängig Beschäftigte gegen Landsleute aufwiegeln
Weniger scharf in der Wortwahl als Wecker, doch gleichfalls kritisch äußert sich die Linkspartei zum Agieren von Achmetow im Ukraine-Konflikt. "Gesellschaftliche Mehrheiten kann man besser durch Wahlen feststellen. Deshalb sollte sich Achmetow gegen den Militäreinsatz der ukrainischen Armee wenden und für Parlamentswahlen eintreten, statt seine abhängig Beschäftigten ihre Landsleute aufzuwiegeln", sagte deren Bundestagsabgeordneter Stefan Liebich dem Tagesspiegel.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte bei seinem Besuch vergangene Woche in Kiew auch Achmetow getroffen, der bei diesem Gespräch für die Einheit der Ukraine warb.
Der seit vielen Jahren politisch engagierte Liedermacher Wecker hatte auch im Streit um die Beteiligung der Bundeswehr an der Mission zur Vernichtung syrischer Chemiewaffen Position bezogen. Er gehörte im April - neben zahlreichen Vertretern des linken Flügels der Linkspartei - zu den Erstunterzeichnern eines Aufrufs, laut dem niemand die Garantie dafür übernehmen könne, "dass die BRD durch diesen Einsatz nicht in kriegerische Handlungen hineingezogen wird". Der Bundeswehreinsatz führte in der Linken zu heftigen Diskussionen, fünf Linken-Abgeordnete stimmten schließlich dafür.
Achmetow hat Wahlkampf von Präsidentschaftskandidat Dobkin finanziert
Achmetow unterstützt in bei der Präsidentschaftswahl an diesem Sonntag den Kandidaten Michailo Dobkin: Der 44-jährige Geschäftsmann und frühere Gouverneur der ostukrainischen Stadt und Region Charkiw ist der Kandidat der Partei der Regionen. Er hat die Proteste auf dem Maidan in Kiew scharf kritisiert und stellt die Legitimität der Übergangsregierung in Frage. Dobkins Name steht auf einer Liste mit den Namen von rund 30 Ukrainern, deren Vermögen in der Schweiz eingefroren wurde. Sein Präsidentschaftswahlkampf wurde finanziert von Achmetow.
Erste Demonstrationen von Arbeitern der Achmetow-Werke fanden am Dienstag in Donezk und Mariupol statt. In Mariupol versammelten sich tausende Angestellte des Oligarchen. Die Vertreter der selbsternannten Volksrepublik Donezk "verwandeln unsere Region in einen Albtraum", erklärte ein Manager der Fabrik. Hinter Achmetows Protest könnte indes auch die Sorge stehen, die Separatisten machten mit ihrer Ankündigung ernst, die Unternehmen des Oligarchen zu "nationalisieren". (mit AFP/rtr/dpa)