Geplantes EU-Ölembargo: „Könnte kurzfristig sogar zu einem Gewinn für Russland führen“
Die Europäische Union plant ein Embargo gegen russisches Öl. Dabei schadet sich die EU mit einem Importstopp selbst, warnt ein Wirtschaftsexperte.
Die EU-Kommission hat Pläne für ein Embargo für russisches Öl vorgestellt. Bis Ende 2022 wolle man ein „vollständiges Einfuhrverbot für sämtliches russisches Öl“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch im Europaparlament. Für Ungarn und die Slowakei solle eine Übergangsfrist bis Ende 2023 gelten.
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Doch: „Je später das Ölembargo in Kraft tritt, umso leichter wird es für Russland, andere Abnehmer für seine Rohstoffe zu finden“, sagt Guntram Wolff, Direktor des Brüsseler Thinktanks Bruegel, dem Tagesspiegel. Eine langfristige Perspektive habe ein Importstopp von russischem Öl nicht. Weder für den Sanktionsverhänger noch für den Sanktionierten. Dafür sei Öl zu leicht zu ersetzen und neue Abnehmer schnell gefunden.
Außerdem würde der Preis für russisches Öl bis zum Beginn des Embargos deutlich ansteigen – und wiederum Putin in die Hände spielen und seine Kassen im Krieg gegen die Ukraine füllen. „Paradoxerweise könnte ein solches Embargo sogar zu einem Gewinn für Russland führen, zumindest kurzfristig, und zu einem Verlust für die EU und die Weltwirtschaft insgesamt“, heißt es in einer aktuellen Bruegel-Stellungnahme.
Wolff spricht sich aber auch gegen kurzfristige Sanktionen aus. „Ein sofortiges Embargo ist keine Lösung.“ Die Verknappung des Öls am Weltmarkt durch den Ausschluss Russlands würde ebenfalls zu deutlichen Preissteigerungen führen. Russland sei zwar sofort von seinen Abnehmern in der Europäischen Union abgeschnitten, die Mitgliedstaaten aber ebenfalls von den benötigten Ölimporten.
Experte für Strafzölle statt Ölembargo
Bruegel-Direktor Wolff spricht sich daher für die Erhebung von Strafzöllen auf russisches Öl und Gas aus. Sie würden die „russischen Gewinne erheblich schmälern“. Zum Start solle der Zoll auf mindestens 30 Prozent festgelegt werden, „aber schnell auf 60 Prozent erhöht werden“. In der Politik stößt dieser Vorschlag auf Ablehnung. Wolff versucht, die Sorgen der Politiker:innen zu entkräften.
Eine große Sorge sei, dass Russland die Strafzölle eins zu eins an seine Kund:innen weitergeben könnte und so die Preissteigerungen höher ausfallen könnten als bei einem Embargo. „Das ist überhaupt nicht klar“, erwidert Wolff. Er gehe davon aus, dass Russland einen Großteil der Strafzölle selbst bezahlen würde.
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Eine weitere Sorge der Politiker:innen, die sich gegen Strafzölle auf russisches Gas und Öl aussprechen, sei, dass „Putin den Öl- und Gashahn zudreht“. Wie schon teilweise in Polen und Bulgarien geschehen. Wolff erwidert: „Diese Gefahr gibt es bei der Ankündigung eines Embargos auch.“
Anders als bei einem Embargo habe Russland so aber einen Anreiz, weiterhin Öl und Gas zu liefern. Denn: „Putin macht weiter Gewinne.“ Jedoch deutlich geringere, da sich sich Europäische Union einen Teil davon zurückholt. Langfristig sei jedoch nur der Ausstieg aus fossilen Energieträgern eine aussichtsreiche Lösung.
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