USA: Kompromiss im US-Haushaltsstreit - ohne Geld für Trumps Mauer
Shutdown zunächst abgewendet: Nach zähem Ringen einigen sich Demokraten und Republikaner erneut im US-Kongress, ohne dem Präsidenten nachzugeben. Eine Analyse.
Die Brücke des parteiübergreifenden Kompromisses ist wackelig. Aber sie trägt nun bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen. In der Nacht zu Dienstag einigten sich Demokraten und Republikaner im Kongress, wie sie die erneute Zwangsschließung der Regierung abwenden - ohne direkte Beteiligung des Präsidenten an den Verhandlungen.
Mehr Geld für Zäune, weniger Abschiebungen
Es gibt etwas mehr Geld für die Grenzsicherung: 1,3 Milliarden Dollar für 55 Meilen zusätzliche Zäune und damit weit weniger als die von Donald Trump geforderten 5,7 Milliarden für den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko. Parallel wird die Zahl der Plätze in speziellen Haftanstalten für abzuschiebende illegale Migranten auf 40.520 landesweit begrenzt. Das ist etwa die Zahl in den Obama-Jahren und schränkt Trumps Möglichkeiten zu verschärften Abschiebungen ein.
Ein neuer "Government Shutdown" hätte am Sonnabend gedroht. Dann läuft die vorläufige Finanzierung der Regierung aus. Der Kompromiss muss noch von beiden Kongresskammern abgesegnet und dem Präsidenten zur Unterschrift vorlegt werden. Da kann es noch Überraschungen geben. Der republikanische Senator Lindsay Graham hatte vor der Einigung gesagt, Trump werde ein Haushaltsgesetz ohne Geld für die Mauer nicht unterschreiben. Der Kongress kann ein Veto allerdings mit Zweidrittelmehrheit überstimmen.
Nun können Nancy Pelosi und die Senatoren nach München kommen
Der Einigung war ein tagelanges Hin und Her vorausgegangen. Lange hatte es hoffnungsvoll ausgesehen. Doch am Sonntag waren die Unterhändler ergebnislos auseinandergegangen. Es drohte abermals eine Blockade der US-Innenpolitik - mit Folgen für die US-Außenpolitik. Zur Münchner Sicherheitskonferenz, die am Freitag beginnt, hatten sich die USA mit einer Rekordbeteiligung von Senatoren und Abgeordneten angesagt - mit Nancy Pelosi, der demokratischen Parlamentspräsidentin, an der Spitze. Bei einem "Government Shutdown" müssten sie zuhause bleiben. Denn solange es keine Lösung gibt, müssen sich die Volksvertreter in Washington bereit halten, um einen zu findenden Budgetkompromiss rasch in Repräsentantenhaus und Senat zu verabschieden.
Wenn alles gut geht, zeigen Demokraten und Republikaner im US-Kongress Trump nun ein weiteres Mal in seltener parteiübergreifender Zielstrebigkeit, was das Wesen von Politik ist: Kompromisse schließen, um Stillstand zu vermeiden. Trump hatte über den Jahreswechsel mutwillig den längsten "Government Shutdown" der US-Geschichte provoziert, weil der Kongress ihm die geforderten 5,7 Milliarden Dollar für den Mauerbau an der Grenze zu Mexiko verweigerte. 35 Tage waren 800.000 Staatsbedienstete im Zwangsurlaub. Der Präsident erwies sich als unfähig, einen Ausweg zu weisen. Für Trump fühlen sich Kompromisse wie Niederlagen an, weil auch er etwas zugestehen müsste.
Streit um Haftplätze in Grenznähe
Die Demokraten, die neuerdings wieder die Mehrheit im Repräsentantenhaus haben, und die Republikaner, die den Senat dominieren, einigten sich vor drei Wochen auf einen Zwischenhaushalt, der die Finanzierung der Regierungsstellen bis zum 15. Februar bewilligt. Den Kompromisskurs verfolgten beide Seiten in der vergangenen Woche weiter. Doch dann forderten die Demokraten nicht nur eine generelle Obergrenze für Abschiebeplätze auf rund 40.000. Sie wollten eine Begrenzung der Abschiebebetten in unmittelbarer Grenznähe auf 16.500.
Am Sonntag gingen die Delegationen beider Parteien auseinander und warfen sich gegenseitig vor, in letzter Minute zusätzliche Forderungen gestellt zu haben. Diese Aufplustereien vor der Öffentlichkeit sind gewöhnlich ein Zeichen, dass eine Seite nun wieder darauf setzt, sich im Kampf um die öffentliche Meinung Vorteile verschaffen und die Gegenseite unter Druck setzen zu können.
Dabei geht es darum, wessen Darstellung über den Kern des Konflikts mehr Anhänger findet. Die Demokraten hatten in der Weihnachtspause die Zwangsschließung der Behörden ins Zentrum gestellt. Die ist unpopulär, und in Umfragen gab eine stabile Mehrheit Trump den größeren Teil der Schuld.
Kundgebungsduell Trump gegen O'Rourke
Der Präsident und die Republikaner versuchen dagegen, die rechtswidrige Lage an der Grenze, die hohe Zahl von illegalen Migranten und die angeblich daraus folgenden Risiken für die Sicherheit wie Drogenkonsum und Kriminalität in den Mittelpunkt zu rücken. Das Mitgefühl mit Illegalen ist nicht sehr weit verbreitet.
Erneut geht es darum, welche Seite mit ihrer Version, worum es geht, in der öffentlichen Meinung durchdringt. Anfang Januar hatten sich die Demokraten durchgesetzt. Nun meinen Trump und die Republikaner offenbar, sie könnten das Anliegen einer sicheren Grenze in den Fokus rücken und die Demokraten als Kraft brandmarken, der die Interessen der Illegalen wichtiger seien als die der US-Bürger. Trump flog am Montag erneut nach Texas, um bei einer Kundgebung mit Anhängern an der Grenze für seine Forderungen zu werben. Die Parlamentarier einigten sich ohne ihn. In einem Kundgebungs-Duell mit dem demokratischen Hoffnungsträger Beto O'Rourke beharrt er darauf, dass er die Mauer bauen werde.
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