Altkanzler: Kohl macht Schröder für Schuldenkrise verantwortlich
Altkanzler Helmut Kohl macht in seinem neuen Buch seinen Nachfolger Gerhard Schröder für die Schuldenkrise in der EU verantwortlich. Laut "FAS" beklagt Kohl auch die Isolation Russlands.
Altkanzler Helmut Kohl (CDU) macht in seinem neuen erscheinenden Buch die rot-grüne Regierung unter seinem Nachfolger Gerhard Schröder (SPD) für die Schuldenkrise in Europa verantwortlich. Wie die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS) in ihrer neuen Ausgabe berichtete, kreidet Kohl der Nachfolgeregierung zwei schwere Fehler an: Sie habe Griechenland zu früh in die Eurozone aufgenommen. Außerdem habe die Schröder-Regierung den Euro-Stabilitätspakt aufgeweicht.
"Beide Entscheidungen gehören zu den wesentlichen Fehlentwicklungen, die wir in der EU, im Euroraum, in einzelnen Mitgliedstaaten und darüber hinaus insgesamt erleben müssen und zu Recht beklagen", schreibt Kohl demnach in seinem neuesten Buch "Aus Sorge um Europa", das er am Montag gemeinsam mit dem neuen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker in Frankfurt am Main vorstellen will. "Was hier passiert ist, ist wirklich ein Schandstück deutscher Politik", schreibt Kohl demnach in dem Buch, das am Mittwoch erscheint.
Der frühere Bundeskanzler wendet sich auch gegen Kritik, wonach Konstruktionsfehler beim Euro oder beim Bau Europas zur Schuldenkrise geführt hätten. Er sei froh darüber, "den Euro als feste Klammer für Europa zu haben". Die mit dem Euro verbundenen Hoffnungen für eine tiefere europäische Zusammenarbeit würden sich erfüllen, "wenn wir beim Euro Schritt für Schritt, aber schnellstmöglich wieder zu einer Gemeinschaft der Stabilität und der Rechtstreue zurückkehren", mahnt Kohl dem Bericht zufolge.
Kohl: Der Westen hätte sich klüger gegenüber Russland verhalten können
Weiter schreibt der CDU-Politiker laut "FAS", dass die EU nun solidarisch zu Griechenland stehen müsse. Zugleich betont er, dass es mit ihm als Bundeskanzler keine Zustimmung gegeben hätte, Griechenland von Anfang an in den Euroraum aufzunehmen. Das Land habe sich schon damals in einer Situation befunden, "die jedem, der genauer hinsah, nicht verborgen geblieben sein konnte, und an Warnungen hat es auch nicht gefehlt", schrieb der Altkanzler.
In dem Buch beklagt Kohl dem Bericht zufolge auch die derzeitige Isolation Russlands. In der Ukraine-Krise hätte sich der Westen klüger verhalten können. Dass sich die G-7-Staaten im Juni ohne Russland getroffen hätten, habe er "einschneidend und auch bedrückend" gefunden, schreibt Kohl laut der Zeitung. "Im Ergebnis müssen der Westen genauso wie Russland und die Ukraine aufpassen, dass wir nicht alles verspielen, was wir schon einmal erreicht hatten", zitierte die "FAS" aus Kohls Buch.
Bücher von und über Kohl hatten in den vergangenen Wochen wiederholt für Schlagzeilen gesorgt. Auf der Frankfurter Buchmesse stellte Kohl zuletzt sein Buch "Vom Mauerfall zur Wiedervereinigung" vor. Kurz zuvor waren erste Passagen aus einem umstrittenen Buch der Autoren Heribert Schwan und Tilman Jens über den früheren Kanzler bekannt geworden.
In ihrem Buch "Vermächtnis - Die Kohl-Protokolle" zitieren der frühere Kohl-Biograf Schwan und sein Mitautor den Altkanzler mit drastischen Äußerungen über frühere Weggefährten, darunter die von Kohl 1991 in sein Kabinett berufene heutige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Gegen die 115 Zitate aus dem Schwan-Buch geht Kohl derzeit beim Landgericht Köln vor. (AFP)
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