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Klimaschutz: Koalitionsstreit um Preis auf Emissionen

Umweltministerin und ihre SPD wollen allen Emissionen einen Preis geben. Doch die Union stellt sich quer.

Mit einem Interview im Tagesspiegel begann es, nun ist daraus ein handfester Koalitionskrach um die Klimapolitik geworden: Union und SPD streiten darüber, ob es in Deutschland eine CO2-Abgabe auf fast alle menschengemachten Emissionen geben soll, eine sogenannte CO2-Steuer oder -Abgabe. SPD-Bundesumweltministerin Svenja Schulze hatte am Wochenende gesagt, die Idee finde sie „sehr einleuchtend“. Die Grünen wiederum, die sich vehement dafür einsetzen, dass der Ausstoß von Treibhausgasen teurer wird, wollten wissen, wie ernst es der großen Koalition damit ist und beriefen eine Aussprache über Schulzes Aussage im Bundestag ein.

CDU sagt Nein zum CO2-Preis

Das Ergebnis fiel am Mittwochnachmittag inhaltlich ziemlich verheerend aus, aus taktischer Sicht der Grünen war das möglicherweise durchaus beabsichtigt. Es wurde deutlich: Die Koalition ist sich völlig uneins. Denn die Union legt ein Veto ein: Der für Umweltpolitik zuständige Fraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) sagte, eine rein nationale CO2-Abgabe sei „unsozial“. Was als aufkommensneutral beschrieben werde, „hat mit Aufkommensneutralität nichts zu tun, sondern ist eine zusätzliche Belastung für die Bürgerinnen und Bürger“. Weiter sagte Nüßlein: „Wir wollen keine nationalen, zusätzlichen Alleingänge.“

Finanzpolitiker Hermann-Josef Tebrok (CDU) brachte es noch deutlicher auf den Punkt: „Wir sagen Nein zum CO2- Preis.“ Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, der Staat würde jede Gelegenheit nutzen, den Bürger noch mal zur Kasse zu bitten. Jens Koeppen (CDU) aus dem Wirtschaftsausschuss führte gleich ein ganzes Tableau an Gegenargumenten ins Feld. Eine nationale CO2-Abgabe sei „immens teuer, würde den Wettbewerb verzerren, würde Arbeitsplätze gefährden, würde für andere wichtige Aufgaben das Geld blockieren und würde zum Klimaschutz quasi keinen Beitrag leisten“.

Anders bei der SPD: Da sind die Umwelt- und Klimapolitiker für die Abgabe, allein schon um das „Kraut und Rüben“ bei der Energiebesteuerung zu bereinigen, das nach Ansicht von Klaus Mindrup herrscht. Umweltministerin Schulze ist auch dafür, aber um Vermittlung bemüht: „Ich will, dass wir darüber diskutieren, welche Modelle es für CO2- Preise eigentlich gibt, die Bürgerinnen und Bürger nicht stärker belasten und trotzdem Anreize bieten, CO2 zu reduzieren“, sagte sie.

Energiekonzern spricht sich für Abgabe auf Emissionen aus

Und nun? Was steht eigentlich im Koalitionsvertrag? Der ist in dieser Frage reichlich schwammig formuliert. Ziel sei, ein „CO2-Bepreisungssytem“ einzuführen, das „nach Möglichkeit global ausgerichtet ist, jedenfalls aber die G-20-Staaten umfasst“. Mit anderen Worten: Sicher kommt es nur, wenn die USA mitmachen – und das ist so gut wie ausgeschlossen. Andererseits gibt es auch ein paar Hintertürchen, etwa den Verweis auf deutsch- französische Kooperationen sowie eine allgemeine Abgabenreform.

Schaut man sich einige Vorschläge für eine CO2-Steuer an, dann wundert man sich über die Aufregung. Erstens gibt es schon einen CO2-Preis für etwa die Hälfte der Emissionen in Deutschland. Denn Kraftwerke und Industrieanlagen sind Teil des europäischen Handelssystems für Emissionen. Und für den Rest – hauptsächlich Verkehr, Wärmeversorgung und Landwirtschaft – kommt es gar nicht so wild. Der inzwischen ziemlich fortschrittlich denkende Energiekonzern EnBW aus Baden-Württemberg hat zum Beispiel ein Konzept erarbeitet, das einen Preis von 25 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2020 vorsieht. Strom würde etwas billiger werden, das nur mit wenig Abgaben belegte Heizöl etwas teurer. Genauer: Für einen durchschnittlichen Haushalt, der damit heizt, steigt die Steuerbelastung von 112 auf 135 Euro im Jahr. Das ist überschaubar. Natürlich gibt es auch radikalere Modelle.

Wirksam wären aber auch die zahmeren Vorschläge, vor allem langfristig, sind sich Umweltökonomen einig. Denn eine solche Abgabe bestraft tendenziell alle Techniken, die klimaschädlich sind, ein wenig und unterstützt jene, die weniger Treibhausgase produzieren. Über viele Jahre hat das Wirkung. Schweden hat schon seit 1991 eine CO2-Steuer und damit beachtliche Erfolge erzielt. Auf dieses Beispiel verwies auch Umweltministerin Schulze kurz.

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