Rot-Rot-Grün in Berlin: Koalition quält sich weiter mit dem Fall Holm
Die Berliner Linke bezeichnet die Lage der Berliner Regierungskoalition als ernst - und lässt offen, ob sie den Rauswurf des stasibelasteten Staatssekretärs mittragen wird.
Trotz der Ankündigung des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD), den stasibelasteten Staatssekretär Andrej Holm zu entlassen, ist kein Ende des Koalitionsstreits in Sicht. Nach einem weiteren Krisentreffen am Sonntag teilte die Landes- und Fraktionsspitze der Linken mit, man habe sich „intensiv zur Lage in der Koalition verständigt“. Jetzt müsse die Diskussion zwischen den Regierungspartnern fortgeführt werden.
Die Lage sei ernst, hieß es in Kreisen der Linken. Alle Facetten des Konflikts seien „hoch und runter“ diskutiert worden. Mit welchem Ergebnis, wurde nicht gesagt. „Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht weiter öffentlich äußern wollen“, hieß es in der Erklärung.
Kipping: "Berliner SPD intern zerstritten"
Die Chefin der Bundes-Linken, Katja Kipping, schob die Verantwortung für den Koalitionsstreit auf die Berliner Sozialdemokraten. „Die Aussagen Müllers zu Holm sind eher Ausdruck dafür, dass die Berliner SPD intern zerstritten ist. Ich empfehle der SPD, erst eigene Probleme zu klären“, sagte Kipping dem Tagesspiegel.
Teile des linken SPD-Flügels, vor allem die Jungsozialisten, hatten sich in den vergangenen Wochen für Holm stark gemacht. Zwar hat sich die Stimmung in der Landes-SPD inzwischen zulasten Holms verändert. Trotzdem gibt es parteiinterne Kritik an Landeschef Müller: Seine öffentliche Erklärung ohne konkrete Absprache mit den Koalitionspartnern sei "ziemlich daneben", kritisieren Genossen vom linken Parteiflügel. Jetzt müssten sich "alle zusammenreißen", forderte Ruppert Stüwe, Kreischef in Steglitz-Zehlendorf. Auch andere Sozialdemokraten bemühten sich darum, die gefährlichen Risse im Bündnis zu kitten. So entschuldigte sich der SPD-Sicherheitsexperte Tom Schreiber für seine Äußerung: „Die Linke kann mich mal.“ Da habe er sich im Ton vergriffen, so Schreiber.
Müller will „wieder zum guten Regieren zu kommen“
Es sei jetzt wichtig, „wieder zum guten Regieren zu kommen“, sagte Senatssprecherin Claudia Sünder. Müller gehe davon aus, dass die von ihm geforderte Vorlage der Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) zur Entlassung Holms zur Senatssitzung am Dienstag vorliege. Vonseiten der Linken wurde dies aber nicht bestätigt. Zur Ernennung oder Entlassung eines Staatssekretärs bedarf es eines Senatsbeschlusses. Einen Anspruch auf Übergangsgelder oder ein Ruhegehalt hätte Holm nicht.
Die Humboldt-Universität will am Mittwoch ihre Entscheidung zur Personalie Holm bekannt geben. Dass der langjährige wissenschaftliche Mitarbeiter mit einer Abmahnung davonkommt, gilt als eher unwahrscheinlich. Denn in der vergangenen Woche hatten Holms Anwalt und die Universität Gespräche über einen Auflösungsvertrag geführt.
Holm könnte neben seinem neuen auch seinen alten Job verlieren
Doch am Donnerstag verwarf Holm diese Möglichkeit und strebt nun nach eigener Aussage eine „arbeitsrechtliche Klärung parallel zur politischen Entscheidung“ an. Angeblich hat der Staatssekretär auch erwogen, sein neues Führungsamt in der Stadtentwicklungsverwaltung freiwillig aufzugeben. Ob Holm nach der Erklärung Müllers dazu noch bereit ist, gilt als völlig offen.
Sogar mit der Schadensbegrenzung sei diese Koalition überfordert, kritisierte CDU-Fraktionschef Florian Graf. Die AfD sprach von einem „klassischem Regierungsversagen“.
Ulrich Zawatka-Gerlach, Matthias Meisner