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Trotz jüngst erhobener Stasi-Vorwürfe bleibt die Berliner Linke bei Holms Nominierung als Staatssekretär im rot-rot-grünen Senat.
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Update

Berliner Linken-Politiker: Stasi-Vergangenheit muss für Holm nicht das Aus bedeuten

Der designierte Staatssekretär Andrej Holm war als junger Mann zur Wendezeit bei der Stasi. Das "Bürgerkomitee 15. Januar" will mehr wissen. SPD-Politiker Axel Schäfer nimmt ihn in Schutz.

War es nur eine Jugendsünde oder hat sich Andrej Holm im Pakt mit der Stasi etwas zuschulden kommen lassen? In die Debatte um die Vita des HU-Soziologen, der Staatssekretär für die Linke im neuen Senat werden will, hat sich jetzt das „Bürgerkomitee 15. Januar“ zu Wort gemeldet. Der Verein fordert Holm auf, seine Biografie offenzulegen und das Amt bis zur Klärung seiner Rolle in der Wendezeit nicht anzutreten.

Das Bürgerkomitee 15. Januar befasst sich nach eigenen Angaben mit der Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit und versteht sich als Nachfolgeorganisation des „Bürgerkomitees Normannenstraße“, das Anfang 1990 die Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit kontrollierte. Am 15. Januar 1990 wurde die Stasi-Zentrale in der Normannenstraße von Bürgern besetzt. Später wurde diese relativ friedliche Aktion zum „Sturm auf die Stasi-Zentrale“ dramatisiert.

Nötig sei eine sachliche Diskussion, sagt Christian Booß vom Vorstand des Vereins. „Allein die Tatsache, dass ein Jugendlicher oder Heranwachsender, der von seinem Elternhaus entsprechend beeinflusst wurde, beim MfS-Wachregiment Feliks Dzierzynski seinen Wehrdienst ableistete, eignet sich heute nicht mehr als K.O.-Kriterium.“ Entscheidend sei, was Holm dort gemacht habe, das sei noch „vollkommen unklar“. Nach eigenen Angaben verbrachte er die Wochen der großen Demonstrationen im Herbst 1989 in der Kaserne.

"B.Z." veröffentlicht Auszüge aus Holms Stasi-Akte

Auch ein Bericht der "B.Z." liefert dazu keine wesentlich neuen Erkenntnisse. In seiner Montagsausgabe präsentiert das Blatt Auszüge aus Holms Stasi-Akte. Im Wesentlichen geht es dabei um Stationen seiner Ausbildung. Demnach habe Holm sich schon 1985 als 14-Jähriger zusammen mit seinen Eltern bereiterklärt, eine Laufbahn beim MfS einzuschlagen. Die Berliner Bezirksleitung der Stasi habe ihn im Juli 1989 für die Offiziersschule empfohlen und ihm einen "gefestigten Klassenstandpunkt" attestiert. Weitere Einträge beziehen sich auf seine militärische Grundausbildung und seine Überzeugungskraft im Gespräch mit anderen Anwärtern.

Aus den vorliegenden Zitaten lässt sich allerdings nicht ablesen, dass Holm jemandem persönlich geschadet hätte. Der Direktor der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, erklärt jedoch in der "B.Z.", Holm habe in der Zentralen Auswertungs- und Informationsgruppe der Berliner Bezirksverwaltung "unmittelbar an der Unterdrückung der DDR-Opposition" mitgewirkt. Die Zeitung kündigte derweil an, am Montagmorgen seine komplette Stasi-Akte veröffentlichen zu wollen.

Der Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Axel Schäfer, nimmt Holm in Schutz – besonders vor Anfeindungen aus der CDU. Schäfer, der ursprünglich aus Frankfurt am Main stammt, sagt: „Junge Ex-Stasis sollen immer Stasis bleiben – alte Ex-Nazis wurden sofort zu Demokraten und kamen tausendfach in öffentliche Ämter. 26 Jahre deutsche Einheit – nichts vergeben. Diese reaktionäre Haltung nehme ich nicht widerspruchslos hin.“

Lompscher kündigt Überprüfung an

Andreas Otto, Berliner Grünen-Abgeordneter, stammt aus Templin, leistete seinen Wehrdienst als Bausoldat und engagierte sich in der DDR-Opposition. Auch Otto setzt auf eine genaue Prüfung des Einzelfalls. „Ich gehe davon aus, dass auch in dieser Legislaturperiode wieder eine Überprüfung auf Stasi-Vergangenheit bei Amts- und Mandatsträgern stattfindet. Das kann man dann bewerten.“ Die Humboldt-Uni hatte mit der Stasi-Vergangenheit ihres Mitarbeiters Andrej Holm bislang offenbar kein Problem.

Senatorin Katrin Lompscher (Linke), die Holm berufen hat, kündigte am Sonntag in der "Berliner Zeitung" eine Überprüfung seiner MfS-Zugehörigkeit an. „Es wird eine Regelanfrage geben“, sagte sie. „Da es sich um einen kurzen Zeitraum handelt, hoffen wir, dass es schnell geht.“ Dabei handele es sich um ein bei Staatssekretären übliches Vorgehen. Lompscher zeigte aber auch Verständnis für Holm. „Wir alle haben ein Recht auf Irrtum und darauf, unsere Irrtümer zu korrigieren. Allemal gilt das für junge Leute.“

Holm soll als Staatssekretär unter Lompscher die Wohnungspolitik des Senats stärker auf Geringverdiener und Bedürftige ausrichten.

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