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Im Jahr 2030 dürfen die Unternehmen noch 140 bis 143 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) ausstoßen.
© dpa

Klimaschutzplan: Klimaschutz light für die deutsche Industrie

Die Bundesregierung hat sich doch noch auf einen Klimaschutzplan geeinigt - allerdings sieht er vor, dass Unternehmen mehr Kohlendioxid ausstoßen dürfen als geplant.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat beim Klimaschutzplan kurz vor der Einigung noch eine Entlastung für die Industrie durchgesetzt. Im Jahr 2030 dürfen die Unternehmen noch 140 bis 143 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) ausstoßen, zehn Millionen mehr als zuletzt von Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) vorgesehen. Das geht aus dem am Freitag beschlossenen Plan hervor, der dem Tagesspiegel vorliegt. Gabriel sprach von einer „guten und ausgewogenen Lösung“.

Um die Erleichterung für die Industrie auszugleichen, muss nun Hendricks, die auch Bauministerin ist, bei den Gebäuden rund acht Millionen Tonnen CO2 zusätzlich einsparen. Außerdem hat die Regierung bei ihren Beratungen festgestellt, dass sich bei der Abfallentsorgung noch fünf Millionen Tonnen herausholen lassen. Der Plan ist mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) abgestimmt und soll vom Kabinett abgesegnet werden, nachdem das noch am vergangenen Mittwoch an Gabriels Veto gescheitert war.

Ein wichtiger Einwand des Vizekanzlers war die von Hendricks geplante Kommission für den Kohleausstieg. Diese wurde jetzt umbenannt in Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Regionalentwicklung“. Die Federführung hat nicht mehr das Umweltministerium, sondern das Wirtschaftsministerium. Die Kommission soll erst Anfang 2018 die Arbeit aufnehmen – also nach den Wahlen im Kohleland Nordrhein-Westfalen und im Bund.

Außerdem steht im Plan nicht mehr, dass in Zukunft keine neuen Tagebaue und Kohlekraftwerke genehmigt werden sollen. Es ist nur noch von einem „schrittweisen Ausstieg“ aus der Kohle die Rede. Kraftwerke müssen etwas weniger einsparen als in den letzten Entwürfen vorgesehen war. Gestrichen ist der Satz, dass die Regierung sich auf EU-Ebene für einen Mindestpreis für CO2-Verschmutzungsrechte einsetzen will. Jetzt strebt die Regierung nur noch mehr Effektivität des CO2-Handels an. Auch an diesem Punkt hat die Regierung den Plan zugunsten der Industrie verändert. Die „Vollendung der Energiewende“ wird in der beschlossenen Endfassung gar nicht mehr erwähnt.

Wenn wir glauben, wir könnten eine Energiewende, die bei vielen Verantwortlichen von extrem viel Träumerei begleitet ist, ohne Veränderungen in unserer Gesellschaft meistern, also den fossilen Lebensstil weiterführen, wird uns diese Wende wie ein schwerer Stein auf die Füße fallen.

schreibt NutzerIn Braumeister

Im Jahr 2018 will die Bundesregierung gemeinsam mit Verbänden und Sozialpartnern wie Arbeitgebern und Gewerkschaften untersuchen, ob die Einsparungsziele angepasst werden müssen. Sollte ein Bereich der Wirtschaft seine Ziele verfehlen, müssten andere Sektoren mehr leisten. Dafür wären dann die jeweils zuständigen Minister verantwortlich. Unklar ist aber, was passiert, wenn mehrere Bereiche wie Industrie oder Verkehr weniger CO2 einsparen als geplant. So muss die Landwirtschaft nach dem Plan mehr Treibhausgase einsparen, als Minister Christian Schmidt (CSU) noch vor wenigen Tagen akzeptieren wollte.

Durch die Einigung kann Umweltministerin Hendricks nun am Montag doch noch mit einem Plan zur Klimaschutzkonferenz nach Marrakesch fliegen. Gabriel sagte, Hendricks habe jetzt ein „abgestimmtes, aber auch realistisches Konzept“ im Gepäck: „Nur wenn wir Klimaschutz mit dem Erhalt der industriellen Arbeitsplätze auch in der energieintensiven Industrie verbinden, werden uns andere Länder in unserer sehr ambitionierten Klimaschutzpolitik folgen.“ Die Bundesregierung will den CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent verglichen mit 1990 verringern, bis 2030 um 55 Prozent und bis 2040 um 70 Prozent.

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