Manipuliertes Erbgut: Kirchen bestürzt über Gen-Experimente an Menschen
Nach der Geburt genmanipulierter Babys in China fordern deutsche Kirchenvertreter Schutzstandards. Sonst stehe am Ende „Perfektionierung und Selektion“.
Berichte über die Geburt erster genmanipulierter Babys in China alarmieren Kirchenvertreter in Deutschland. Der Ethikexperte der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Weihbischof Anton Losinger, forderte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ für die Biogenetik „ähnliche Schutzstandards wie bei den Menschenrechten“. „Sonst stehen am Ende Perfektionierung und Selektion“, warnte er.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sagte der Zeitung: „Genetische Eingriffe in die menschliche Keimbahn wirken sich auf alle Nachkommen aus. Damit öffnet sich die Tür für das gezielte Formen des Designs eines zukünftigen Menschen.“ Es brauche eine „intensive ethische Besinnung in der Gemeinschaft der Forschenden“ und eine breite Diskussion in Kirche und Gesellschaft, sagte der bayerische Landesbischof.
Auch die Kandidatin für den CDU-Vorsitz, Annegret Kramp-Karrenbauer, zeigte sich besorgt. „Das christliche Menschenbild und die unantastbare Würde jedes Menschen dürfen niemals in Gen-Laboren zur Experimentiermasse werden“, schrieb sie am Dienstag auf Twitter. „Wir brauchen einen internationalen Pakt für die Menschenwürde - mit verbindlichen und harten Sanktionen“, so die Katholikin.
Ein chinesischer Forscher hatte am Sonntag erklärt, mit Hilfe der sogenannten Gen-Schere das Erbgut von Embryonen so verändert zu haben, dass sie nicht an Aids erkranken könnten. Die Zwillinge sollen vor einigen Wochen auf die Welt gekommen sein. Bislang galten solche Experimente auf dem Weg zum „Designerbaby“ als Tabu. Die betroffene Southern University in Shenzhen (China) reagierte mit Unverständnis auf die Versuche und kündigte eine genaue Untersuchung an.
Der betroffene Wissenschaftler Forscher Jiankui He befinde sich seit Februar in unbezahltem Urlaub, teilte die Universität mit. Die Versuche hätten außerhalb des Universitätsgeländes stattgefunden und seien weder der Universitätsleitung noch dem Biologie-Institut gemeldet worden. Diese Experimente am menschlichen Erbgut hätten die Standards akademischer Ethik ernsthaft verletzt, erklärte die Hochschule.
Der Augsburger Weihbischof Losinger sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung: “Wenn sich dieser Vorgang bewahrheitet, dann verletzt er sämtliche wissenschaftliche Regeln.„ Er würde die Reichweite der wissenschaftlichen Verantwortung überschreiten. “Das wäre ein Menschenexperiment", sagte Losinger, der der Sozialkommission der Bischofskonferenz angehört. (epd)