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Der türkische Finanzminister Berat Albayrak ist mit Erdogans Tochter verheiratet.
© Mehmet Acar/Presidential Press Office/REUTERS

Türkischer Finanzminister: Keiner mag Erdogans Schwiegersohn

Erdogans Schwiegersohn Berat Albayrak ist Finanzminister der Türkei - und wird von vielen für die Wirtschaftskrise verantwortlich gemacht.

„Wahrlich ein Rekord“, schrieb der türkische Oppositionspolitiker Cihangir Islam vor einigen Tagen auf Twitter: „Schwer zu erreichen und kaum zu glauben.“ Islams Lob war purer Spott, denn er bezog sich auf die jüngsten Umfragewerte für Berat Albayrak, den Finanzminister des Landes und Schwiegersohn von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Albayrak war in einer Befragung auf einen Zustimmungswert von gerade einmal 2,1 Prozent gekommen. Er ist damit der unbeliebteste Minister des Landes.

Der 41-jährige Albayrak wird für die türkische Wirtschaftskrise verantwortlich gemacht und soll auch die Wiederholung der Istanbuler Wahl betrieben haben, die im Juni für Erdogans Regierungspartei AKP zur Katastrophe geriet. Lange galt Albayrak als Kronprinz von Erdogan, doch nun wackelt er. Mit Spannung wird in der türkischen Presse darüber spekuliert, ob er bei der anstehenden Kabinettsumbildung seinen Posten behält.

Albayrak, der in den USA Betriebswirtschaft studierte und nach seiner Heimkehr in die Türkei zunächst beim Mischkonzern Calik arbeitete, wandte sich erst vor wenigen Jahren der Politik zu. Der Einstieg ins Parlament fiel ihm nicht schwer, denn er ist mit Erdogans älterer Tochter Esra verheiratet. Bei der Parlamentswahl im Juni 2015 erhielt Albayrak einen sicheren AKP-Listenplatz und wurde wenige Monate später zum Energieminister ernannt. Vor einem Jahr stieg er zum Finanzminister auf.

Seitdem geht es mit der türkischen Wirtschaft fast konstant nach unten. Daran ist Albayrak freilich nicht alleine schuld. Der junge Minister übernahm sein Amt in schwieriger Zeit. Er kann auch nichts dafür, dass in den zurückliegenden Jahren in Ankara strukturelle Reformen verschlafen wurden.

Allerdings hat es Albayrak nicht geschafft, das Ruder herumzureißen. Die Inflation stieg zeitweise auf mehr als 25 Prozent, die Wirtschaft rutschte in die Rezession, die Lira hat seit Anfang 2018 gegenüber Euro und Dollar stark an Wert verloren. Ein Auftritt Albayraks vor Investoren in den USA im Frühjahr, bei dem er um neues Vertrauen der Anleger werben wollte, war laut Medienberichten ein Desaster. Bei der kürzlichen Entlassung des türkischen Zentralbankchefs, die als neuer Schlag gegen die Unabhängigkeit der Währungshüter gewertet wurde, zogen Albayrak und Erdogan gemeinsam an einem Strang.

Albayrak steht für viele Türken für das, was im Land schief läuft

Für viele Türken steht Albayrak für das, was falsch läuft in ihrem Land. „Der Schwiegersohn“ wird er im Volksmund nur genannt – weil in Erdogans Präsidialsystem gute Verbindungen nach oben oft wichtiger sind als Fachwissen und Erfahrung. Der Eindruck der Günstlingswirtschaft, der durch Albayraks Aufstieg entstanden sei, verärgere auch die AKP-Anhängerschaft mehr als alles andere, sagt der Meinungsforscher Kadir Atalay.

„Wenn der Schwiegersohn bleibt, bin ich weg“, schrieb ein enttäuschter Wähler bei der Kommunalwahl im März auf seinen Wahlzettel. Konservative Wähler ärgerten sich auch über Gerüchte in sozialen Medien, die Albayrak eine außereheliche Affäre mit einem Fotomodell nachsagten.

AKP-Dissidenten sehen Albayraks Unbeliebtheit beim Fußvolk und bei den Parlamentsabgeordneten der Regierungspartei als Chance. Als der frühere Ministerpräsident Ahmet Davutoglu bei einer Grundsatzrede vor einigen Wochen die politische Rolle von Erdogans Familienangehörigen anprangerte, erhielt er donnernden Applaus. „Staat und Familie müssen strikt getrennt werden“ forderte Davutoglu, der sich von der AKP losgesagt hat.

Nach den Wahlniederlagen der AKP in Istanbul und anderen großen Städten wird mit einer Kabinettsumbildung gerechnet. Der Journalist und AKP-Kenner Rusen Cakir berichtete im Internet-Fernsehkanal Medyascope, die Parteibasis erwarte die Entlassung des unbeliebten Finanzministers. Noch gebe es jedoch einen Ausweg für den „Schwiegersohn“, meint die gut informierte Reporterin Emine Kaplan von der Oppositionszeitung „Cumhuriyet“: Wenn sich die Wirtschaft erhole, werde Albayrak im Amt bleiben können. Susanne Güsten

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