Stasi-Vergangenheit: Kein "Holm gegen Humboldt" - schade um den schönen Streit
Die Versöhnung von Dozent und Uni ist bedauerlich. Holms Klage gegen die Kündigung hätte gezeigt, wo die Stasi-"Aufarbeitung" steht. Ein Kommentar.
Die Humboldt-Universität drückt ihren Holm wieder an die Brust. Der Kurzzeit-Staatssekretär mit der Stasi-Vergangenheit habe seine Falschangaben zum Lebenslauf zugegeben und bedauert. Damit sei alles wieder gut. Das Vertrauensverhältnis sei nicht mehr zerstört, sondern nur noch gestört. Das genüge, um ihn als wissenschaftliche Kraft in der Stadtsoziologie weiter zu beschäftigen.
So weit, so geheuchelt. Zwar ist es immer schön, wenn Zerstrittene wieder zueinander finden. Die öffentliche Kündigungserklärung der Uni ein paar Wochen zuvor spricht aber eine andere Sprache: Andrej Holm, der langjährige, gar so tolle Mitarbeiter, habe bei einer im Prinzip unerheblichen Frage zu seinem Vorleben falsche Tatsachen angegeben.
Daraus lässt sich nach den Regeln der Logik kein „zerstörtes Vertrauensverhältnis“ ableiten, das die Uni damals offenkundig wahrheitswidrig behauptet hat. Denn was nicht erheblich ist im Leben des Arbeitnehmers, das muss kein Arbeitgeber wissen. Folglich können falsche Informationen dazu auch kein Vertrauen zerstören.
Die Kündigung war damit rechtswidrig und man hätte gern gesehen, wie der Umgang mit dem Arbeitsrecht durch die Uni-Verantwortlichen in einem Stadtskandal vor dem zuständigen Gericht auseinandergenommen worden wäre. Schade, dass es nicht so kommen wird. Es wäre eine Art Stasi-Unrechtsaufarbeitung geworden, mithin das, was nach dem Willen einiger auch eine Generation nach dem Mauerfall anhand aktueller Beispielsfälle noch so dringlich zu vollziehen sein soll. Nur wäre es nicht das Unrecht gewesen, das Andrej Holm selbst begangen haben soll – da gibt es aus HU-Sicht offenbar nichts –, sondern eher das, was ihm widerfuhr. Eine vertane Chance.
Welchen Regeln folgt ein Prozess gegen die Jungen von damals?
Ein zünftiger Rechtsstreit hätte womöglich gezeigt, dass es fragwürdig ist, Menschen im Alter von Holm heute noch einen beruflich-biografischen Strick aus einer wie auch immer gearteten Stasi-Zugehörigkeit zu drehen. In den ersten beiden Jahrzehnten nach der Wende haben die Routinebefragungen ihren guten Sinn gehabt, sie hielten einschlägig Belastete aus dem öffentlichen Dienst heraus.
Nun sind die meisten in Rente oder tot. Soll jetzt, da die Alten weg sind, den Jungen von damals ein Prozess gemacht werden? Welchen rechtsstaatlichen Regeln folgt der? Einen Menschen dafür anzuklagen, dass er als Jugendlicher dorthin ging, wohin seine Eltern ihn steuerten, kann auch zu dieser Frage führen: Soll diese „Aufarbeitung“ der Stasi-Akten als Werkzeug dienen, einen politischen Gegner aus dem Wettbewerb zu drängen?
Wie Arbeitsgerichtsurteile alte Debatten entkrampfen, lässt sich am Streit um das Lehrerinnenkopftuch beobachten. So einen Impuls hätte auch ein Holm-Verfahren geben können. Nun muss auf den nächsten Fall gewartet werden.
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