Barack Obama vor der UN-Vollversammlung: "Kein Gott verzeiht diesen Terror"
US-Präsident Barack Obama hat in einer Rede vor der UN-Vollversammlung den IS-Extremismus als Krebsgeschwür gegeißelt. Der UN-Sicherheitsrat nahm eine Resolution an, die alle Länder verpflichtet, das Reisen zu terroristischen Zwecken zu verbieten.
US-Präsident Barack Obama hat die Welt zum geschlossenen Kampf gegen den Terrorismus und die globalen Krisen aufgerufen. „Heute bitte ich die Welt, zu diesen Anstrengungen etwas beizutragen“, sagte Obama am Freitag während einer Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York. 40 Länder hätten bereits ihre Unterstützung im Kampf gegen den IS angeboten. „Wir handeln nicht allein“, sagte Obama. Obama bezeichnete den „gewaltsamen Extremismus“ als einen Krebs, der sich in vielen Teilen der muslimischen Welt ausgebreitet habe. „Kein Gott verzeiht diesen Terror.“
Der UN-Sicherheitsrat hat am Mittwochabend die von den USA eingebrachte Resolution zu ausländischen Terrorkämpfern angenommen. Das mächtigste UN-Gremium billigte die Resolution am Mittwoch in einer Sitzung unter Vorsitz von US-Präsident Barack Obama einstimmig. Die Resolution verpflichtet alle Länder dazu, durch schärfere Gesetze das Reisen zu terroristischen Zwecken zu unterbinden.
Erst nach langem Zögern hatte sich Obama entschlossen, den Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ im Irak und in Syrien militärisch zu führen. Jetzt lässt er sich darin auch durch völkerrechtliche Diskussionen nicht mehr beirren. „Die einzige Sprache, die Killer wie diese verstehen“, sagte Obama in einer Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York, „ist die Sprache der Gewalt“.
Russland wirft den USA einen Bruch des Völkerrechts vor
Während die US-Armee am Mittwoch wieder Luftangriffe gegen Ziele im Irak und in Syrien geflogen ist, mahnte Obama, die Welt stehe in den kommenden Jahren vor zwei Herausforderungen: Die internationalen Institutionen zu reformieren, um die Krisen wie den Ukraine-Konflikt und die Ebola-Krise gemeinsam zu bewältigen. Und den Terror des gewalttätigen Extremismus zu stoppen.
Der Iran hat die Luftschläge gegen den IS als eine Verletzung der territorialen Integrität Syriens verurteilt. Russland wirft den USA einen Bruch des Völkerrechts vor. Auf die Frage des Völkerrechts ging Obama in seiner Rede aber gar nicht erst ein. Die Welt stehe an einer entscheidenden Wegkreuzung, sagte er nur. „Und an dieser Wegkreuzung, kann ich Ihnen versprechen, dass Amerika sich nicht davon ablenken lassen wird, zu tun, was getan werden muss.“ Ein Mandat des UN-Sicherheitsrats für die Schläge auf syrischem Territorium haben die USA und ihre Alliierten nicht. Angesichts der Frontstellung in der Ukraine ist auch nicht damit zu rechnen, dass der Machthaber im Kreml einem solchen Mandat im Sicherheitsrat sein Ja geben wird.
Die Frage der völkerrechtlichen Legitimation der Luftangriffe in Syrien
Im Irak dagegen hat eine legitime Regierung um militärische Hilfe gebeten. Da aber die Angriffe aber auch von Syrien ausgehen, und Syrien nicht in der Lage oder Willens sei, das zu verhindern, argumentieren US-Offizielle, stünden die Luftschläge im Einklang mit dem Völkerrecht.
In einem Brief an den Sicherheitsrat schreibt die US-Botschafterin bei den UN, Samantha Power, der Irak habe um Hilfe gegen IS-Stellungen auch in Syrien gebeten. Die Luftschläge seien deshalb durch Artikel 51 der UN-Charta gedeckt. „Staaten muss es möglich sein, sich im Einklang mit dem Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung zu wehren, so wie in Artikel 51 der UN-Charta vorgesehen.“
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier gab Obama Rückendeckung. Am Rand der Vollversammlung sagte er, der IS dürfe „keine Rückzugsräume“ in Syrien bekommen. „Deshalb scheint mir die Berufung auf Artikel 51 jedenfalls geeignet.“
Dschihadisten töten französische Geisel in Algerien
Während Obamas Rede wurde bekannt, dass ein von Islamisten mit Verbindung zur IS in Algerien entführter Franzose getötet worden ist. Die Geiselnehmer enthaupteten den 55-jährigen Bergführer Hervé Gourdel, wie ein am Mittwoch im Internet veröffentlichtes Video der Islamistengruppe Dschund al-Khilafa (Soldaten des Kalifats) zeigt. Am Montagabend drohten sie mit der Ermordung des 55-Jährigen, sollte Frankreich nicht binnen 24 Stunden seine Luftangriffe auf den IS im Irak einstellen. Die französische Regierung machte deutlich, dass sie den Forderungen nicht nachgeben werde.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat eine Kehrtwende in der Haltung seines Landes zu den US-Luftangriffen auf den „Islamischen Staat“ (IS) eingeleitet und die volle – auch militärische – Unterstützung der Türkei für die US-Aktion angekündigt. Erst am Dienstag hatte sich der Staatschef selbst sehr negativ über die Aktivitäten der Amerikaner geäußert – jetzt fordert er plötzlich eine pausenlose Fortsetzung der Angriffswelle. Zwei Gründe veranlassten Erdogan zu der 180-Grad-Wende. Zum einen sah sich die Türkei angesichts der Teilnahme arabischer Staaten an den Angriffen isoliert. Zum anderen kann Ankara nur auf US-Hilfe für ihre eigenen Ziele in Syrien hoffen, wenn sie Washington beim Kampf gegen den IS unterstützt. (mit dpa/AFP)
Barbara Junge, Thomas Seibert