Reaktionen auf Trump-Entscheidung: Kanzlerin Merkel: Sanktions-Wettlauf würde keiner gewinnen
Donald Trumps Entscheidung im Handelsstreit wird weltweit verurteilt. Die Bundesregierung kritisiert Zölle als rechtswidrig. Die EU verlangt eine Sonderstellung.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht die von US-Präsident Donald Trump verhängten Strafzölle auf Stahl und Aluminium "mit Sorge". Die Bundesregierung unterstütze die EU-Kommission dabei, sich in dem Streit an die Welthandelsorganisation zu wenden, aber auch den Dialog zu suchen, sagte Merkel am Freitag in München und fügte hinzu: "Ich glaube, dass der Gesprächskanal gepflegt werden sollte." Einen Wettlauf gegenseitiger Strafmaßnahmen würde keiner gewinnen, sagte die Kanzlerin. Zuvor hatte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter die Strafzölle für die Bundesregierung als „rechtswidrig“ bezeichnet. Die Maßnahme habe nichts mit der nationalen Sicherheit der USA zu tun, sondern dienten rein wirtschaftlichen Interessen, sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter am Freitag in Berlin. Sie seien mit WTO-Recht nicht vereinbar. Die EU werde eine gemeinsame, deutliche Antwort finden. „Wir sind dabei, die Antwort zu finden.“ Eine „Eskalationsspirale“ könne allen schaden. „Zölle treffen in erster Linie die Verbraucher.“
Streiter verwies auf ein geplantes Treffen von EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström an diesem Samstag mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lightizer. Die Bundesregierung stehe in einem engen Kontakt zur EU-Kommission. Es gehe darum, globale Überkapazitäten auf dem Stahlmarkt multilateral zu lösen.
Zypries kritisiert Abschottung
Einen Zusammenhang zwischen Handels- und Verteidigungsfragen sieht Streiter nicht. Diese Bereiche seien völlig verschieden und getrennt voneinander zu betrachten. Trump hatte im Zusammenhang mit den Schutzzöllen auf Importe von Stahl und Aluminium Deutschland vorgeworfen, zu wenig für die Verteidigung auszugeben.
Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) hat die US-Strafzölle scharf kritisiert und Präsident Donald Trump Abschottung vorgeworfen. Trump habe Strafzölle angeordnet, die nicht konform mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) seien, erklärte Zypries am Freitag. "Gegen den Rat seiner eigenen Partei, vieler Unternehmer und Ökonomen" schotte Trump sein Land ab. Unternehmen in Deutschland mache er damit "das Arbeiten schwerer".
Der von den USA gelebte Protektionismus stoße "enge Partner wie die EU und Deutschland vor den Kopf" und begrenze den Freihandel, kritisierte Zypries. Deutschland werde sich daher eng mit der EU-Kommission abstimmen und "besonnen, aber klar antworten".
China verurteilt Strafzölle als "schweren Angriff" auf Handel
Auch China hatte zuvor die Strafzölle stark kritisiert. Sie seien ein „schwerer Angriff“ auf die internationale Handelsordnung, schrieb das Pekinger Handelsministerium am Freitag in einer Mitteilung. China werde „wirksame Maßnahmen“ ergreifen und seine legitimen Rechte und Interessen verteidigen. Die USA würden durch die Zölle nicht nur anderen Ländern sondern auch ihren eigenen Interessen schaden. Zuvor hatte Trump am Donnerstag im Weißen Haus im Beisein von Stahlarbeitern zwei Proklamationen unterzeichnet. Demnach treten in 15 Tagen Zölle in Höhe von 25 Prozent auf eingeführten Stahl und von zehn Prozent auf Aluminium in Kraft. Ausgenommen werden zunächst nur die Nachbarn Mexiko und Kanada.
Die EU-Kommission pocht ebenfalls auf eine Ausnahme von den neuen US-Zöllen. Die EU sei ein enger Verbündeter von Amerika und sollte von den Maßnahmen ausgeklammert werden, teilte Handelskommissarin Cecilia Malmström am Donnerstagabend mit. Sie werde versuchen, in den nächsten Tagen mehr Klarheit in die Sache zu bringen. Gelegenheit biete sich beim Besuch des US-Handelsbeauftragen Robert Lighthizer am Samstag in Brüssel.
Die deutsche Wirtschaft fürchtet nach Trumps Entscheidung eine Eskalation des Handelsstreits mit unabsehbaren Folgen. Der deutsche Außenhandelspräsident Holger Bingmann äußerte sich am Donnerstagabend "bitter enttäuscht" von Trump. "Jetzt kann man nur hoffen, dass niemand überreagiert", sagte er. Es sei aber zu befürchten, dass nun "Dinge ins Rollen kommen, die wir uns nicht wünschen".
Nach Bingmanns Worten dürfte die EU nun zu Gegenmaßnahmen greifen, die der deutsche Außenhandel nicht gewollt habe. "Trumps Handeln untergräbt das Vertrauen in die USA als verlässlichen Partner", klagte er. Damit füge er seinem eigenen Land massiven Schaden zu. "Wir raten dringend zur Besonnenheit", unterstrich er.
Industrie fordert EU zur Klage gegen USA auf
Auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) Martin Wansleben äußerte sich kritisch. "Die EU sollte gemeinsam mit internationalen Partnern bei der WTO Klage erheben", forderte er. Zugleich sollten in enger europäischer Abstimmung auch kurzfristig WTO-konforme Maßnahmen vorbereitet werden, um den USA ein europäisches Signal für Freihandel zu senden. "Dabei ist Augenmaß wichtig", warnte Wansleben. Eine Eskalation mit gegenseitigen Strafzöllen gelte es auf jeden Fall zu vermeiden.
Wansleben warf den USA vor, mit den verhängten Strafzöllen und der Begründung dafür gegen die Regeln des Welthandelssystems WTO zu verstoßen, das sie selbst initiiert habe. Damit würden die USA "vom Paulus zum Saulus". Die USA schadeten nicht nur dem Welthandel, sondern auch sich selbst.
"Belastungsprobe für transatlantische Beziehungen"
Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Ingo Kramer, sagte der "Rhein-Neckar-Zeitung": In Zeiten des globalisierten und digitalisierten Wettbewerbs ist Abschottung ein absoluter Irrweg". US-Strafzölle würden der deutschen Wirtschaft erhebliche Absatzeinbußen bescheren.
Der EU-Außenpolitiker David McAllister kritisierte die Strafzölle als "Belastungsprobe" für die transatlantischen Beziehungen. In den Zeitungen der "Funke Mediengruppe" mahnte McAllister aber dennoch zu Besonnenheit: "Wir sollten jetzt umsichtig vorgehen und alles tun, um eine Eskalation des Handelsstreits und schon gar einen Handelskrieg zu vermeiden", sagt der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten im EU-Parlament.
Die von Trump abgesegneten Einfuhrzölle haben die Wall Street vergleichsweise kalt gelassen. Der Dow Jones Industrial, der nach einem freundlichen Start zwischen moderaten Gewinnen und Verlusten gependelt hatte, notierte am Donnerstag zum Handelsschluss 0,38 Prozent im Plus bei 24 895,21 Punkten. Bereits am Mittwoch hatte der New Yorker Leitindex seine zwischenzeitlich deutlichen Verluste sichtbar eingedämmt. (Reuters, dpa/AFP)