Schmähgedicht über Erdogan: Kanzleramt billigte Ende der Ermittlungen gegen Böhmermann
Regierung war frühzeitig informiert und hatte keine Einwände gegen die Absicht der Staatsanwälte, das Strafverfahren wegen Beleidigung einzustellen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war über die Absicht der Mainzer Staatsanwaltschaft, das Strafverfahren gegen den TV-Satiriker Jan Böhmermann wegen Beleidigung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan einzustellen, frühzeitig informiert und hat dafür grünes Licht gegeben. Wie ein Regierungssprecher dem Tagesspiegel bestätigte, ist das Kanzleramt schon am 14. September im Rahmen einer Anhörung nach den "Richtlinien über das Straf- und Bußgeldverfahren" über die juristische Bewertung des umstrittenen „Schmähgedichts“ unterrichtet worden. Es sei jedoch „keine Stellungnahme abgegeben“ worden, sagte der Sprecher.
Hätte die Regierung widersprochen, hätten die Mainzer Ankläger die Einwände den Richtlinien zufolge bei ihrer Entscheidung über das Verfahren würdigen müssen. Noch im April hatte die Regierung ein Kurzgutachten erstellt, das zu einer Strafbarkeit Böhmermanns gelangt war. Merkel hatte den Auftritt damals als „bewusst verletzend“ bezeichnet. Mit dem nun erfolgten Verzicht auf die Stellungnahme dürften Erdogans Chancen gesunken sein, mit einer Beschwerde doch noch eine Anklage zu erreichen. Die für die Beschwerde zuständige Generalstaatsanwaltschaft Koblenz sowie das rheinland-pfälzische Justizministerium hatten dem beabsichtigten Ende der Ermittlungen nach Tagesspiegel-Informationen ebenfalls nicht widersprochen.