Streit um Satiriker Böhmermann: Merkel traf Entscheidung ohne vorgesehenen Bericht der Staatsanwälte
Vor dem Beschluss im Fall Böhmermann hätte ein Bericht der Staatsanwälte vorliegen sollen. Angela Merkel wollte darauf offenbar nicht warten.
Die Bundesregierung hat ihre Erlaubnis zur Strafverfolgung gegen den Satiriker Jan Böhmermann ohne einen eigentlich vorgesehenen Bericht der Mainzer Staatsanwaltschaft getroffen. "Der Bericht liegt uns noch nicht vor", sagte ein Sprecher des Bundesjustizministeriums von Minister Heiko Maas (SPD) dem Tagesspiegel. Die Mainzer Behörde hatte gegen Böhmermann Ermittlungen wegen Beleidigung des türkischen Staatspräsidenten Erdogan aufgenommen. Am Freitag genehmigte das Kabinett unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Fortsetzung des Verfahrens.
Nach den "Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren" (RiStBV) haben die Staatsanwaltschaften bei Handlungen gegen ausländische Staaten, wozu die Beleidigung des Staatsoberhaupts zählt, der Bundesregierung über alle Umstände zu berichten, die für die so genannte Ermächtigung zur Strafverfolgung von Bedeutung sein können. Dazu gehört laut den Richtlinien auch ein abschließender Bericht, der "den Sachverhalt erschöpfend darstellen und rechtlich würdigen" soll.
Wie es scheint, hat die Regierung den Bericht nicht abwarten wollen. Er muss laut Vorschrift auf dem Dienstweg nach Berlin gelangen, also über Generalstaatsanwaltschaft, Landesjustizministerium zum Bundesjustizministerium. Auch dem Justizministerium Rheinland-Pfalz lag der Bericht noch nicht vor. Offenbar wird die Einschätzung der Mainzer Staatsanwälte bei der Generalstaatsanwaltschaft in Koblenz eingehend geprüft.
Einer Emnid-Umfrage für die "Bild am Sonntag" zufolge halten zwei Drittel der Deutschen Merkels Entscheidung für falsch (66 Prozent). Für 22 Prozent ist der Beschluss richtig, zwölf Prozent sind unentschieden.