Wahlkampf in Frankreich: Justiz weitet Ermittlungen gegen Fillon aus
Die französische Justiz ermittelt nun auch wegen des Verdachts des "schweren Betrugs und der Fälschung" gegen den Konservativen Präsidentschaftskandidaten.
Die Ermittlungen gegen den rechtskonservativen französischen Präsidentschaftskandidaten François Fillon und ehemaligen Premier sind nach Angaben aus Justizkreisen ausgeweitet worden. Es gehe um den Verdacht des "schweren Betrugs und der Fälschung", hieß es am Dienstagabend in Paris. Im Zusammenhang mit der Scheinbeschäftigungsaffäre um seine Ehefrau und zwei seiner Kinder hatte die Justiz Mitte März ein Ermittlungsverfahren gegen Fillon unter anderem wegen mutmaßlicher Veruntreuung von Staatsgeldern eingeleitet.
Die Zeitung "Le Monde" berichtete, die Pariser Finanzstaatsanwaltschaft habe den Ermittlungsrichtern am 16. März zusätzliche Unterlagen übergeben. Die Justiz frage sich, ob die Eheleute möglicherweise falsche Dokumente ausstellten, um die Gehälter für Fillons Frau Penelope zu rechtfertigen. Zu den im Zuge der Ermittlungen beschlagnahmten Unterlagen gehören dem Zeitungsbericht zufolge von der Britin abgezeichnete Gehaltszettel mit "unterschiedlichen Berechnungen von Arbeitsstunden". Der Anwalt von Fillons Frau, Pierre Cornut-Gentille, sagte der Nachrichtenagentur AFP am Abend, von Fälschungen könne keine Rede sein. Er fügte hinzu, er und seine Mandantin würden sich erst vor Gericht dazu äußern.
Als Abgeordneter bezahlte Fillon seine Frau jahrelang als parlamentarische Mitarbeiterin, für insgesamt rund 680.000 Euro abzüglich der Sozialbeiträge. Als Senator soll er außerdem zwei seiner Kinder zum Schein beschäftigt haben. Die ältere Tochter Marie soll von Oktober 2005 bis Dezember 2006 für Fillon tätig gewesen sein und dafür monatlich 3800 Euro brutto erhalten haben. Die Einnahmen seines Sohnes Charles für die Zeit zwischen Januar und Juni 2007 werden mit knapp 4850 Euro brutto monatlich angegeben.
Nach Angaben aus Justizkreisen wird Fillon nicht nur eine Veruntreuung öffentlicher Gelder vorgeworfen. Der Vorwurf lautet demnach auch auf Mithilfe bei der Unterschlagung von Firmenvermögen. Seine Ehefrau war 2012 und 2013 bei einem Magazin angestellt, das Fillons Freund Marc Ladreit de Lacharrière gehört. Sie erhielt in der Zeit rund 100.000 Euro.
Die Justiz ermittelt gegen Fillon zudem wegen des Verdachts der Bestechlichkeit. Von einem befreundeten Anwalt nahm er Luxusanzüge im Wert von 13.000 Euro an, wie der Jurist vor einigen Tagen mitteilte. Fillon selbst bezeichnete die Angelegenheit als Privatsache. Der 63-jährige Erzkatholik Fillon, der als Saubermann angetreten war, wurde lange als Favorit für die Präsidentschaftswahl gehandelt. Durch die Affäre ist er stark unter Druck geraten. Er vertritt nach wie vor die Position, alles sei mit rechten Dingen zugegangen und weigert sich, von seiner Präsidentschaftskandidatur zurückzutreten. In der Fernsehdebatte der fünf aussichtsreichen Kandidaten am Montagabend sagte Fillon: "Ich habe einige Fehler gemacht und habe Schwächen, aber wer hat die nicht?"
Unterdessen hat ein Medienbericht weitere Vorwürfe gegen Fillon erhoben: Er soll über seine damalige Beratungsfirma einen Geschäftsmann mit Kremlchef Wladimir Putin zusammengebracht haben. Das Treffen habe beim St. Petersburger Wirtschaftsforum im Juni 2015 stattgefunden, berichtet das Enthüllungsblatt „Le Canard Enchaîné“ in seiner neuen Ausgabe. Putin hatte im vergangenen Jahr Fillon als einen „anständigen Mann“ bezeichnet. Der Einfluss von Wirtschaftsinteressen auf die Politik ist ein wichtiges Thema im Präsidentenwahlkampf.
Fillons Firma habe mit dem Unternehmen des Geschäftsmanns zuvor einen Vertrag für die Anbahnung von internationalen Kontakten abgeschlossen, der mit 50.000 US-Dollar honoriert worden sei, so das Blatt. Die Umgebung Fillons wies laut Nachrichtenagentur AFP den Bericht zurück. Die Behauptungen über den Vertrag zwischen Fillons „2F Conseil“ und dem Unternehmen des Geschäftsmanns seien bar jeder Grundlage. Fillon gründete laut AFP seine Beratungsfirma nach seinem Abschied als Premierminister im Juni 2012. Da er erst später sein Mandat als Abgeordneter von Paris aufgenommen habe, gebe es keine Regelverletzung.
Innenminister Bruno Le Roux trat dagegen am Dienstag keine 24 Stunden nach einem Fernsehbericht über die Beschäftigung seiner Töchter als parlamentarische Mitarbeiterinnen zurück. Die Finanzstaatsanwaltschaft hatte zuvor vorläufige Ermittlungen gegen ihn wegen einer möglichen Scheinbeschäftigung der Töchter eingeleitet. Die Verträge seiner Töchter hätten "natürlich alle der wirklich geleisteten Arbeit" entsprochen, versicherte Le Roux.
In der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am 23. April wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem im August als Wirtschaftsminister zurückgetretenen sozialliberalen Politiker Emanuel Macron und der Rechtspopulistin Marine Le Pen von der Partei Front National vorausgesagt. In der zweiten Runde am 7. Mai dürfte sich Macron aber deutlich gegen die Vorsitzende der Front National durchsetzen. (dpa/AFP)