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Die Priorisierung des Corona-Impfstoffs von Johnson & Johnson ist in Deutschland aufgehoben.
© imago images/MiS

Priorisierung aufgehoben: Johnson & Johnson mit Astrazeneca gleichgestellt

Nach Astrazeneca nun auch J&J: Bund und Länder haben die Priorisierung aufgehoben. Die Stiko aber empfiehlt nur Menschen über 60 mit dem Vakzin zu impfen.

Die Priorisierung für den Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson ist in Deutschland aufgehoben. Das sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Montag nach einer Konferenz mit den Gesundheitsministern der Länder in Berlin. Voraussetzung seien eine ärztliche Aufklärung und eine individuelle Entscheidung über den Impfstoff.

Nach den ersten Lieferungen des Corona-Impfstoffs des US-Konzerns Johnson & Johnson in Deutschland erwartet Spahn zehn Millionen Impfdosen davon bis Ende Juli. Der Impfstoff wird in Deutschland künftig in der Regel bei Menschen ab 60 eingesetzt, wie Spahn bestätigte. Nach ärztlicher Aufklärung können sich aber auch Jüngere dafür entscheiden. Das hatten die Gesundheitsminister von Bund und Ländern am Morgen beschlossen.

Die Priorisierung für diesen Impfstoff wird in Arztpraxen und bei Betriebsärzten zugleich aufgehoben. Allerdings empfehle die Ständige Impfkommission (Stiko) den Einsatz des Impfstoffes nur für Menschen ab 60 Jahren, sagte Spahn. Grund seien die sehr seltenen, aber ernsthaften Hirnvenenthrombosen, wie sie auch beim Astrazeneca-Impfstoff auftreten können.

Spahn erläuterte, bei den Über-60-Jährigen seien mittlerweile deutlich mehr als 60 Prozent geimpft, in einigen Bundesländern über 70 Prozent. Bis Ende Mai dürften alle Menschen ab 60 in dieser Altersgruppe geimpft sein, die sich impfen lassen wollen. Der Großteil des Impfstoffs von Johnson & Johnson komme erst danach.

Daher sei es für ein pragmatisches weiteres Vorgehen bei der Impfkampagne richtig, „dass wir für den Impfstoff von Johnson & Johnson wie bei Astrazeneca die Priorisierung auch aufgeben“. Nach ärztlicher Aufklärung und bei individueller Entscheidung könnten sich alle Jüngeren damit impfen lassen.

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In der EU ist der Impfstoff bereits seit März zugelassen, wurde aber bislang kaum eingesetzt. Die EU-Arzneimittelbehörde (EMA) hatte im April entschieden, trotz der Berichte über Blutgerinnsel grundsätzlich an ihrer positiven Risikobewertung des Corona-Impfstoffs von Johnson & Johnson festzuhalten.

Es gebe zwar „eine mögliche Verbindung“ zwischen dem Vakzin und dem vereinzelten Auftreten von Blutgerinnseln, erklärte die EMA. Der Nutzen des Impfstoffes überwiege aber die Risiken.

Impfungen mit Johnson & Johnson in Dänemark ganz eingestellt

Dänemark hingegen hat die Corona-Impfungen mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson ganz eingestellt. Die dänische Gesundheitsbehörde entschied, den Impfstoff des US-Pharmakonzerns wegen der seltenen Fälle von Blutgerinnseln aus dem dänischen Impfprogramm zu streichen. Die Behörde kam nach eigenen Angaben zu dem Schluss, dass die Vorteile des Impfstoffs mögliche Nebenwirkungen nicht überwiegen. Im April hatte die dänische Regierung aus dem gleichen Grund bereits als erstes Land in Europa die Impfungen mit Astrazeneca eingestellt.

Jüngere sollen das Vakzin aber nun nach Aufklärung durch einen Arzt weiter nutzen dürfen. Mit der Aufhebung der Priorisierung gebe man wie bei dem Impfstoff von Astrazeneca allen die Möglichkeit nach einer ärztlichen Aufklärung mit dem J&J-Impfstoff geimpft zu werden. „Genauso wie wir es bei Astrazeneca machen, werden wir es auch bei Johnson & Johnson machen.“

Der Impfstoff von Johnson &Johnson stehe laut Spahn erst Anfang Juni zur Verfügung. Dann sei ein Großteil dieser Gruppe längst geimpft. „Über 60 Prozent der 60-Jährigen sind einmal geimpft“, sagte er. Daher sei es sinnvoll die Priorisierung aufzuheben.

Wie wirkt der Impfstoff von Johnson & Johnson?

Beim J&J-Impfstoff handelt es sich um einen Vektorvirenimpfstoff. Dabei wird als Vektor ein sogenanntes Adenovirus genutzt. Dieses löst normalerweise eine gewöhnliche Erkältung aus, wurde jedoch so verändert, dass es sich nicht vermehren kann.

Über den Vektor werden genetische Anweisungen an die Zellen übermittelt, ein bestimmtes Protein des Covid-19-Erregers Sars-CoV-2 zu produzieren. Auf diese Weise wird das Immunsystem auf die Bekämpfung des echten Coronavirus vorbereitet. Im Gegensatz zu allen anderen bisher in der EU zugelassenen Impfstoffen reicht zur Immunisierung eine Dosis aus.

Die Wirksamkeit des Impfstoffs von Johnson & Johnson wurde an etwa 40.000 Menschen ab 18 Jahren getestet. Bei den Studien in mehreren Ländern, darunter die USA, Mexiko, Brasilien und Südafrika, bekamen die Hälfte der Probanden das Vakzin und die andere Hälfte ein Placebo. Die Tests ergaben eine hohe Wirksamkeit von 85 Prozent gegen Corona-Infektionen mit einem schweren Verlauf. Keiner der geimpften Probanden starb, bei der Kontrollgruppe gab es sieben Todesfälle.

Impfabstand und Priorisierung bei Astrazeneca angepasst

Auch beim Corona-Impftstoff von Astrazeneca sollen Alter, Vorerkrankungen oder die Berufsgruppe seit vergangener Woche keine Rolle mehr spielen. Spahn gab das Vakzin am Donnerstag für alle gruppen frei. Zudem soll fortan der Abstand zwischen Erst- und Zweitimpfungen mit Astrazeneca verkürzt werden. Experten sind aber auch hier skeptisch, ob die Wirksamkeit bei einer Verkürzung des Abstands zwischen Erst- und Zweitimpfung dieselbe ist.

[Mehr zum Thema: Berliner Impfärzte erzählen aus der Praxis – „Die Leute rauchen, aber wollen keine Impfung mit Astrazeneca“ (T+)] 

Die Stiko empfiehlt hier, weiterhin bei einem Abstand von zwölf Wochen zwischen den beiden Astrazeneca-Impfungen zu bleiben. Es habe sich gezeigt, dass bei der Impfung mit diesem Vakzin die Schutzwirkung nach zwei Impfstoffdosen bei einer Verlängerung des Impfabstands von sechs auf 12 Wochen sehr deutlich zunehme, heißt es in einer Mitteilung vom 14. April.

Die Impfkampagne in Deutschland nimmt insgesamt weiter Fahrt auf. Bis zum Montagmorgen wurden laut Spahn über 35 Millionen Dosen verimpft. Davon seien 27,2 Millionen Erstimpfungen verabreicht worden, was 32,8 Prozent der Bevölkerung entspreche. An Zweitimpfungen seien 7,8 Millionen Dosen verabreicht worden, das entspreche 9,4 Prozent der Bevölkerung. (Tsp mit Agenturen)

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