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Der amerikanische Außenminister John Kerry und sein deutscher Kollege Frank-Walter Steinmeier (SPD) würden die Verhandlungen über eine politische Lösung des Syrien-Konflikts gerne wieder in Gang bringen. Das Foto zeigt die beiden Minister zu Beginn ihres Treffens in der Villa Borsig in Berlin.
© Axel Schmidt/dpa
Update

Bürgerkrieg in Syrien: John Kerry und Frank-Walter Steinmeier werben für politische Lösung

Das Eingreifen Russlands in Syrien zwingt den Westen zu einer Reaktion. Außenminister Steinmeier hofft darauf, dass sich der Iran nach Abschluss des Atomabkommens auch in dieser Frage bewegt.

Am Sonntag hat sich Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nach seinem Treffen mit dem US-amerikanischen Amtskollegen John Kerry dafür bedankt, dass die USA in der Syrien-Krise diplomatische Gespräche mit Russland aufgenommen haben. Allerdings äußerte sich Kerry kritisch über die andauernde militärische Hilfe Russlands in Syrien, was die Suche nach einer Lösung erschweren könnte. Die USA seien aber offen für weitere Gespräche, die es nächste Woche am Rande der UN-Vollversammlung in New York geben soll. „Wir wollen sicherstellen, dass es nicht zu einer Verhärtung des Konflikts kommt“, sagte John Kerry.

USA nehmen mehr Flüchtlinge auf

Kerry gab bei seinem Berlin-Besuch auch bekannt, dass die USA nach internationaler Kritik künftig mehr Flüchtlinge aus aller Welt bei sich aufnehmen wollen. Deren Zahl soll von derzeit 70 000, auf 85 000 im Oktober beginnenden Haushaltsjahr 2016 und auf mindestens 100 000 im Jahr 2017 erhöht werden. Kerry betonte, er würde gerne mehr ankündigen. Die USA hätten aber zu wenig Personal, um dann die strengen Sicherheitsüberprüfungen zu gewährleisten. „Wir tun das, was wir kurzfristig leisten können.“ Aus Syrien dürfen ab Oktober 10 000 Flüchtlinge in die Staaten einreisen. Deutschland und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dankte er für das „herausragende Beispiel“.

Zwischen den USA und Russland bleibt umstritten, was aus Syriens Machthaber Baschar al-Assad werden soll. Kerry stellte dazu in Berlin klar, es sei „illusorisch“ zu glauben, dass Assad jemals in der Lage sein werde, ein friedliches Syrien zusammenzuhalten und zu regieren.

USA und Deutschland wollen mehr Geld in UN-Welthungerhilfe geben

Am Rande ihres Treffens in der Villa Borsig sprachen Kerry und Steinmeier auch mit syrischen Flüchtlingen. Kerry erinnerte an die „herzzerreißenden Bilder“ vom kleinen toten Jungen Aylan. Nach Angaben von Steinmeier soll es bald mehr Geld für die UN-Welthungerhilfe geben. Berlin und Washington wollten ihren Beitrag leisten, um die Unterfinanzierung zumindest abzumildern.

Kerry hatte schon am Vortag in London erneut den Rücktritt des syrischen Präsidenten Baschar al Assad gefordert, allerdings nicht sofort. „Das muss nicht in einem Tag oder in einem Monat passieren“, sagte er nach einem Gespräch mit seinem britischen Kollegen Philip Hammond. Kerry rief Assads Verbündete Russland und Iran auf, ihren Einfluss auf den syrischen Präsidenten zu nutzen, um ihn von Verhandlungen über eine politische Lösung des Konflikts zu überzeugen.

Auch Hammond hatte erklärt, die Lage in Syrien werde durch Russlands militärisches Eingreifen komplizierter. Russland hat nach US-Angaben schweres Militärmaterial wie Kampfpanzer, Hubschrauber und Marineinfanteristen auf den syrischen Stützpunkt Latakia gebracht. Auch mehrere Kampfjets sollen dorthin verlegt worden sein. Russland könnte Luftangriffe in Syrien fliegen. In amerikanischen Medien wird aber auch der Verdacht diskutiert, dass Russland eine neue Militärbasis im Nahen Osten aufbauen will. Um Aufschluss über die russischen Absichten in der Region zu erhalten, reist der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Montag nach Moskau.

Syrien-Krise: Neuer Anlauf für Lösung

Deutschland und die USA verstärken ihre Bemühungen für eine diplomatische Lösung der Syrien-Krise. Steinmeier sagte, nach fünf Jahren Bürgerkrieg mit vielen Toten und Millionen Flüchtlingen sei klar: „Wir fühlen und empfinden die politische und moralische Pflicht, dem Töten in Syrien ein Ende zu setzen.“ Hoffnungen machten zuletzt Gespräche zwischen Moskau und Washington. Steinmeier dankte Kerry, dass dieser mit Moskau im Gespräch sei. Ein „Mindestmaß“ an Informationsaustausch sei wichtig, ohne dass daraus gleich gemeinsame Haltungen abgleitet werden könnten. Neben Russland müssten in die Gespräche auch Saudi-Arabien und der Iran bei Syrien eingebunden werden.

Zwischen Russland und den USA zeichnete sich zuletzt eine Abstimmung ihrer Militärstrategien in Syrien ab. Im ersten direkten Gespräch der Verteidigungsminister beider Länder seit mehr als einem Jahr vereinbarten Ashton Carter und Sergej Schoigu am Freitag, Maßnahmen zur Lösung des Konflikts sowie den Kampf gegen die Islamisten-Miliz, die sich selbst „Islamischer Staat“ nennt, näher zu erörtern. Russland hat den Einsatz von Bodentruppen in Syrien nicht ausgeschlossen. Jedoch sollen diese offenbar vor allem die Regierung Assad stützen.

Seit Freitag reisten 75 von den USA ausgebildete syrische Rebellen in das Bürgerkriegsland ein, berichtet die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Ein US-General hatte dem Kongress in Washington am Mittwoch berichtet, dass von den zuvor eingereisten 54 von den USA ausgebildete syrische Rebellen nur noch vier oder fünf im Land kämpften. Das teure US-Ausbildungsprogramm für bis zu 5400 Kämpfer pro Jahr hatte im Mai begonnen und sollte den Kampf gegen den „Islamischen Staat“ vorantreiben, ohne dafür amerikanische Bodentruppen einzusetzen. (mit Reuters/dpa)

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