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Der UN-Sondergesandte für das Bürgerkriegsland, Martin Griffiths, begrüßt Delegierte aus dem Jemen in Stockholm.
© AFP/Stina Stjenkvist
Update

Stockholm: Jemen-Friedensgespräche beginnen mit Forderungen und Drohungen

Jemenitische Rebellen und Regierung haben in Schweden die Verhandlungen aufgenommen. Die Fronten sind verhärtet. Dennoch besteht Hoffnung.

Zwischen Hoffen und Bangen haben am Donnerstag die Friedensverhandlungen für den Jemen begonnen. "Während der kommenden Tage werden wir eine einzigartige Gelegenheit haben, den Friedensprozess nach vorne zu bringen", sagte der UN-Sondergesandte für das Bürgerkriegsland, Martin Griffiths, im Beisein der Delegierten beider Kriegsparteien. Vertreter der Regierung und der Huthi-Rebellen kamen in Schweden zu den ersten Verhandlungen seit zwei Jahren zusammen.

UN-Generalsekretär António Guterres rief parallel alle Beteiligten der Friedensgespräche zu Flexibilität, gutem Willen und den Verzicht auf Vorbedingungen auf. Guterres begrüße den Beginn der Gespräche und fordere die Teilnehmer zu Fortschritten auf, teilten die Vereinten Nationen in New York am Donnerstag mit. „Er erinnert die Teilnehmer daran, dass eine verhandelte politische Lösung mit inter-jemenitischem Dialog der einzige Weg ist, den Konflikt zu beenden und die humanitäre Krise anzugehen.“

Zunächst wurde der Austausch von tausenden Gefangenen zwischen den Rivalen verkündet. Nach UN-Angaben handelt es sich um die erste formelle Einigung beider Parteien seit Beginn des Konflikts. Dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zufolge sind etwa 5000 bis 8000 Gefangene betroffen. Dann begannen die Gespräche - allerdings nicht von Angesicht zu Angesicht, sondern indirekt in getrennten Räumen.

Zum Beginn des Treffens im Ort Rimbo nördlich von Stockholm lobte Griffiths die Zeichen der Deeskalation beider Seiten. "Während der kommenden Tage werden wir eine einzigartige Gelegenheit haben, den Friedensprozess nach vorne zu bringen", sagte er im Beisein der Delegierten beider Kriegsparteien. "Ich will mich nicht zu zuversichtlich zeigen, aber ich will ambitioniert sein", sagte er.

Noch handle es sich aber nicht um weitreichende Friedensverhandlungen, sondern lediglich um "Beratungen", betonte Griffiths. Diese zielten nach vier Jahren Krieg darauf ab, "Vertrauen aufzubauen". Zudem solle die Gewalt im Jemen eingedämmt werden.

Wenige Stunden vor Beginn der Gespräche war nochmals deutlich geworden, wie verfahren die Lage im Jemen derzeit ist. Der hochrangige Rebellen-Vertreter Mohammed Ali al-Huthi drohte im Kurzbotschaftendienst Twitter mit der Schließung des Flughafens von Sanaa auch für UN-Flugzeuge, falls die von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition den Airport nicht für den zivilen Flugverkehr freigebe.

Die Hauptstadt befindet sich zwar in den Händen der Rebellen. Allerdings können Flugzeuge dort nur mit Erlaubnis der Militärkoalition starten und landen. Al-Huthi forderte eine Öffnung des Flughafens für das gesamte jemenitische Volk. Andernfalls müssten auch Vertreter der Vereinten Nationen einen 15-stündigen Weg auf sich nehmen, um nach Sanaa zu gelangen.

Jemens Außenministerium forderte dagegen auf Twitter einen vollständigen Rückzug der Rebellen von der Westküste des Landes. Die Gegend, in der auch die wichtige Hafenstadt Hodeida liegt, solle an die "legitime Regierung" übergeben werden.

Da über die Hafenstadt ein Großteil der Hilfslieferungen in den Jemen kommen, bot die UNO sich als Vermittler an. "Wir würden Hodeida gerne aus den Konflikt herausnehmen", sagte Griffiths. Die Regierung hatte dafür jedoch den Abzug der Rebellen zur Voraussetzung gemacht.

Bundesaußenminister Heiko Maas warnte vor einer humanitären Katastrophe im Jemen, falls die Gespräche scheitern sollten. Es sei Druck auf beide Seiten notwendig, sagte Maas am Donnerstag. Es müsse einen Waffenstillstand und ungehinderte humanitäre Hilfe geben. „Sonst werden dort viele, viele Menschen sterben und das müssen wir unter allen Umständen verhindern.“

Im September waren Friedensverhandlungen in Genf wegen des Boykotts der Rebellen geplatzt. Wachsender internationaler Druck auf die Kriegspartei Saudi-Arabien im Zusammenhang mit der Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi und eine Sicherheitsgarantie für die Huthi-Delegierten boten diesmal günstigere Voraussetzungen für Gespräche. Zudem waren 50 verletzte Huthi-Kämpfer in das neutrale Sultanat Oman ausgeflogen worden.

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen rief anlässlich der Gespräche alle Kriegsparteien auf, das Leid der jemenitischen Zivilbevölkerung zu lindern. Zudem müsse der Schutz von Krankenhäusern und Gesundheitspersonal gewährleistet sein.

Im Jemen herrscht seit 2014 ein Krieg zwischen den vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen und den von Saudi-Arabien und anderen arabischen Staaten unterstützten Truppen von Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi. Nach UN-Angaben wurden bereits rund 10.000 Menschen getötet, unter ihnen tausende Zivilisten. Als Folge des Konflikts mangelt es nach UN-Angaben acht Millionen Einwohnern an Lebensmitteln. (AFP)

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