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Migranten stehen an Bord eines schwedischen Marineschiffs im Hafen von Catania.
© dpa

EU-Häfen bleiben dicht: Italiens Hilferuf in Flüchtlingskrise verhallt

Keine Option für die EU-Partner: In der Flüchtlingskrise scheitert Italien mit der Forderung, Häfen anderer Staaten zu öffnen.

Italien hat sich mit seiner Forderung nach der Öffnung anderer EU-Häfen für Flüchtlingsschiffe eine Absage geholt. Der italienische Innenminister Marco Minniti räumte am Donnerstag nach Gesprächen mit seinen EU-Kollegen ein, dass es dafür keine Unterstützung gibt. Deutschland und die anderen EU-Länder stellten sich aber hinter die italienischen Pläne, schärfere Regeln für Rettungseinsätze von Hilfsorganisationen vor Libyen auszuarbeiten.

„Es ist offensichtlich, dass es bei diesem Thema schwierigen Widerstand gibt“, sagte Minniti nach den Beratungen in Estlands Hauptstadt Tallinn zu der Forderung, Flüchtlingsschiffe in andere EU-Häfen umzuleiten. Das Thema sei auch nicht auf die Tagesordnung gekommen. „Wir halten an unserem Standpunkt fest“, sagte Minniti zwar, fügte aber an: „Andere Länder werden an ihrem Standpunkt festhalten.“ Frankreich, das von einer möglichen Öffnung seiner Häfen betroffen wäre, hatte das Vorhaben in dieser Woche abgelehnt. In Tallinn erteilte auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) der Bitte eine Absage: "Das unterstützen wir nicht", sagte er.

Die Lage in Italien hatte sich zuletzt so stark verschärft, dass sich das Land an der Kapazitätsgrenze sieht. Binnen einer Woche kamen dort mehr als 12.000 Flüchtlinge über das Mittelmeer an. Seit Jahresbeginn sind es dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR zufolge inzwischen 84.885, fast ein Fünftel mehr als im Vorjahreszeitraum. Italien will nun Hilfsorganisationen, die für gut ein Drittel der Rettungseinsätze vor Libyen stehen, stärker überwachen. Rom droht ihnen, die Einfahrt in Häfen zu verweigern, wenn sie einen geplanten Verhaltenskodex nicht unterzeichnen.

Libyen steht im Fokus

Wenn die Flüchtlinge und Migranten aus Afrika erst einmal in einem kaum seetüchtigen Boot sitzen und von Libyen aus in Richtung Europa unterwegs sind, ist es zu spät: Dann ist es nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit, sondern auch des internationalen Seerechts, diese Menschen vor dem Ertrinken zu retten und in Sicherheit zu bringen. Und weil Libyen extrem unsicher und die Herkunft der Bootsflüchtlinge bei der Rettung erst einmal unbekannt ist, bedeutet dies, dass sie in der Regel nach Europa gebracht werden. Oder vielmehr nach Italien, wie die EU-Innenminister in Tallinn gestern einmal mehr festgestellt haben. Die eigentliche EU-Außengrenze sind die Grenzen der Transitländer zwischen Schwarzafrika und dem Mittelmeer, allen voran Libyen: Das war die Feststellung der Migrationskonferenz, die unter der Leitung von Italiens Außenminister Angelino Alfano gestern in Rom stattgefunden hat. „Wir müssen die bestehenden Partnerschaften mit diesen Ländern noch einmal deutlich stärken, damit sie in die Lage versetzt werden, ihre Südgrenzen effizienter zu schützen und die Repatriierung der Migranten, die ihr Land durchqueren wollen, zu verstärken“, erklärte Alfano vor Beginn der Konferenz. Die Unterstützung der Transitländer müsse zu einer „Priorität der Außen- und Sicherheitspolitik der EU werden“.

Bei dem Treffen in Rom ging es aber nicht nur um die Sicherung der Grenzen in der Wüste, sondern auch um die Hilfe für die Migranten. So sollen Programme in den Herkunftsländern Arbeitsplätze schaffen und die Eingliederung der Migranten nach ihrer Repatriierung erleichtern. An der Konferenz haben unter anderem der Außenminister Österreichs, Sebastian Kurz, der deutsche Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth, die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, sowie Vertreter der UN, der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und von Transitländern wie Libyen, Niger, Tunesien, Ägypten und Tschad teilgenommen.

2017 ertranken bereits mehr als 2000 Migranten

Im Fokus der Diskussionen stand Libyen, von wo aus über 90 Prozent der Flüchtlinge und Migranten aus Afrika in Richtung Europa aufbrechen. Vor allem Italien ist in dem von einem Bürgerkrieg zerrissenen Land bereits stark engagiert und hilft beim Auf- und Ausbau der libyschen Küstenwache. Mit EU-Hilfe soll in Tripolis auch eine Kommandozentrale für Seerettungen eingerichtet werden. Gleichzeitig sollen das UN-Flüchtlingshilfswerk und die IOM bei ihren Bemühungen unterstützt werden, die Situation der Migranten in Libyen zu verbessern. In den Lagern der Schlepper und der Milizen werden Flüchtlinge vor ihrer Überfahrt oft auf brutalste Weise misshandelt.
In Libyen seien zweifellos Schritte in die richtige Richtung unternommen worden, erklärte Italiens Innenminister Minniti. Aber wenn schon Einigkeit darin bestehe, dass die Kontrolle der libyschen Gewässer entscheidend sei bei der Bekämpfung der illegalen Immigration, dann müsse Europa noch markant zulegen.

Gestorben sind in diesem Jahr im Mittelmeer bereits mehr als 2000 Flüchtlinge, sagte die innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, Ulla Jelpke. „Doch die Innenminister der EU-Mitgliedsstaaten haben nichts Besseres zu tun, als Flüchtlingsretter zu diffamieren und durch absurde Auflagen zu behindern.“

Verhaltenskodex für Hilfsorganisationen im Mittelmeer

Rückendeckung erhielt Rom hingegen bei Plänen zur stärkeren Kontrolle von privaten Seenotrettern. Die italienische Regierung arbeitet an einem Verhaltenskodex, der Hilfsorganisationen im Mittelmeer zur stärkeren Zusammenarbeit mit den Behörden und zur Meidung libyscher Gewässer zwingen soll. Den Rettern wird immer wieder vorgeworfen, mit ihren Einsätzen Schleppern in die Hände zu spielen. Der EU-Grenzschutzagentur Frontex zufolge rücken die privaten Retter immer näher an libysche Hoheitsgewässer heran.

Auch wenn für Vorwürfe, einige Hilfsorganisationen stünden mit Schleusern in Libyen in Kontakt, keine Belege bekannt sind, sagte de Maizière in Tallinn: „Wenn Schiffe im libyschen Gewässer ihre Scheinwerfer anschalten und genau in dem Moment werden auch Flüchtlinge losgeschickt, dann ist das das Gegenteil von „Schleusern das Handwerk legen“ - und das soll in Zukunft nicht mehr stattfinden.“

Hilfsorganisationen wie die deutsche Jugend Rettet erklärten, dass ein Schiff nachts seine Lichter anschalten muss, um Zusammenstößen vorzubeugen. Ärzte ohne Grenzen erklärte mit Blick auf das angestrebte Regelwerk, die Rettungseinsätze bewegten sich ohnehin in einem von den italienischen Behörden und internationalem Recht vorgegebenen Rahmen. (mit AFP; dpa)

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