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Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU)
© dpa/Michael Kappeler

Schäuble widerspricht Seehofer: "Islam ist Teil unseres Landes geworden"

CDU und CSU streiten heftig um den Islam in Deutschland. Für die CSU gehört er nicht dazu. Gegenwind kommt nicht nur aus der CDU, sondern auch von der Kirche.

Der Streit in der Union über die Rolle des Islams und den Umgang mit Muslimen in Deutschland hat zu Ostern an Schärfe gewonnen. „Wir können nicht den Gang der Geschichte aufhalten. Alle müssen sich damit auseinandersetzen, dass der Islam ein Teil unseres Landes geworden ist“, sagte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betonte dagegen am Samstag: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“ Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, warf CSU-Chef Horst Seehofer indirekt vor, Antiislamismus zu fördern.

Schäuble ging mit seinen Äußerungen in den Zeitungen der Funke Mediengruppe wie Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel auf Abstand zu CSU-Chef Horst Seehofer und Dobrindt, die betonen, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Der neue Innen- und Heimatminister Seehofer hatte gesagt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, aber die hier lebenden Muslime gehörten „selbstverständlich“ dazu.

Dobrindt sagte im „Focus“ nun sogar, der Satz, der Islam gehöre zu Deutschland, sei „ein Integrationshemmnis. Er vermittelt Migranten ein falsches Signal.“ Zuwanderer müssten sich „integrieren wollen und dürfen nicht neben uns oder gar gegen uns hier leben wollen“.

Auf die Frage, ob die CSU bei diesem Thema einen Dauerstreit mit der Schwesterpartei CDU in Kauf nehme, antwortete Dobrindt, seine Partei führe die Debatte mit klarer Kante, direkt und konservativ. „Die CSU wird sich da nicht bewegen, schließlich ist die Mehrheit der Bevölkerung der Meinung, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört.“

In Bayern wird im Herbst ein neuer Landtag gewählt. In der CDU-Spitze um Merkel wird befürchtet, dass die CSU mindestens bis dahin ihren kompromisslosen Kurs in der Debatte beibehalten wird. In Deutschland leben rund 4,5 Millionen Muslime.

Dobrindt wies Vorwürfe aus Teilen der CDU zurück, Seehofer und er würden mit ihren Positionen spalten. „Wer anspricht, was die überwiegende Mehrheit denkt, der spaltet nicht - der führt zusammen.“ Er halte nichts vom Vorstoß des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten und CDU-Bundesvizes Armin Laschet, den Islam als Religionsgemeinschaft anzuerkennen.

Der Staat dürfe nicht akzeptieren, dass Moscheen in Deutschland Orte politischer Radikalisierung würden, verlangte Dobrindt. „Moscheen, in denen Hass und Gewalt gepredigt wird, müssen identifiziert und geschlossen werden.“ Zudem dürfe es beim Bau von Moscheen keine anonymen Geldströme geben.

Respekt vor den Unterschieden

CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn sagte der „Rheinischen Post“: „Wenn der Islam Teil Deutschlands sein soll, muss die Finanzierung aus dem Ausland ebenso aufhören wie das Modell der aus dem Ausland entsandten Imame, die kein Wort Deutsch sprechen.“ Die Muslime gehörten mit ihrer Glaubensausübung zur Gesellschaft. Es müssten aber konkrete Probleme gelöst werden. Spahn, der neuer Gesundheitsminister ist, fragte: „Wie kommen wir für die Seelsorge in Gefängnissen und in Krankenhäusern zu in Deutschland ausgebildeten Imamen?“ Zudem müsse der islamische Religionsunterricht von in Deutschland ausgebildeten Lehrern abgehalten werden.

Schäuble mahnte, die Muslime in Deutschland müssten sich klarmachen, dass sie in einem Land lebten, das nicht von muslimischen Traditionen geprägt ist. „Und der Rest der Bevölkerung muss akzeptieren, dass es in Deutschland einen wachsenden Anteil von Muslimen gibt.“ Es gehe um ein friedliches Miteinander und das Respektieren von Unterschieden. „Eine freiheitliche Gesellschaft bleibt nur stabil, wenn sie ein hinreichendes Maß an Zugehörigkeit und Vertrautheit vermittelt.“

Schäuble rief dazu auf, Judenhass entschlossen entgegenzutreten. Antisemitismus werde „auch durch Migration und durch den von radikalen Kräften in der islamischen Welt geschürten Hass auf Israel wieder stärker“, sagte er. „Das zeigt, wie groß die Aufgabe für freiheitliche Gesellschaften ist, Errungenschaften wie Toleranz und Religionsfreiheit unter den Bedingungen des schnellen Wandels und dieser gewaltigen Migration durchzusetzen.“ Deutschland könne Antisemitismus weniger als jedes andere Land dulden.

ZdK-Präsident Sternberg distanzierte sich in der „Passauer Neuen Presse“ von der Aussage, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. „Es beunruhigt mich sehr stark, dass versucht wird, Problemlagen auf eine Religion zu übertragen.“ Das habe es in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts schon einmal gegeben: „Damals wurden Pauschalurteile über Juden in die Welt gesetzt. Das hat es den Nazis ermöglicht, den Antisemitismus bis zum größten Verbrechen der Menschheit weiterzutreiben.“ Sternberg warnte, es gebe „einen starken Antiislamismus in unserem Land“. (dpa)

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