Terror: IS verbrennt Bücher und zerstört Kulturgüter im Irak
Es ist nicht klar, wie viele wertvolle Kulturgüter durch den Terror des "Islamischen Staates" in Syrien und im Irak schon vernichtet wurden. Die Menschen im Bürgerkrieg haben Angst vor den Verbrennungsvideos der Miliz. Denn nicht nur Bücher landen auf dem Scheiterhaufen.
"Sie haben die Zentralbibliothek von Mossul in die Luft gesprengt", schreiben mehrere irakische Zeitungen. Arabischen Medienberichten zufolge, sollen dabei mindestens 5.000 Bücher vom "Islamischen Staat" vernichtet worden sein. "Sie haben Molotowcocktails in die Bibliothek geschmissen", schrieb Ghanem Taan in einer Pressemitteilung. Der Direktor der Bibliothek von Mossul geht davon aus, dass alle 8.000 Bücher am Wochenende von den Dschihadisten zerstört wurden. IS-Kämpfer sollen ihre Tat damit erklärt haben, dass einige philosophische Bücher "zur Abkehr vom Glauben" aufrufen würden.
Andere Berichte sprechen sogar von 10.000 zerstörten Büchern. Die Terrororganisation soll sogar einen öffentlichen Scheiterhaufen in der nordirakischen Stadt organisiert haben, bei dem bis zu 5.000 Jahre alte Schriften vor Publikum verbrannt worden seien. In der Provinz Anbar sollen laut Augenzeugen in den letzten Wochen sogar bis zu 100.000 Bücher dem IS-Terror zum Opfer gefallen sein. Dabei habe sich der IS auf Bibliotheken in Moscheen und Kirchen gestürzt, berichteten irakischen Medien. Von den Aktionen gibt es aber keine Bilder.
Die Unesco verurteilte schon mehrfach die Zerstörung von Bibliotheken und Büchern im Bürgerkriegsland Syrien und im Irak, für die vor allem die Terrormiliz IS verantwortlich ist. "Die Verbrennungen markieren eine neue Phase in der kulturellen Säuberung, die von bewaffneten Extremisten durchgeführt wird", sagte Unesco-Direktorin Irina Bokova. Damit hätten die Terroristen vor allem die Auslöschung von kultureller Vielfalt und Minderheiten im Sinn. Die letzte Massenverbrennung von Büchern fand im malischen Bürgerkrieg statt. Damals wurden in Timbuktu wertvolle Schriften und Bibliotheken von Extremisten zerstört.
Sie verbrennen nicht nur Bücher, auch Menschen
Im Bürgerkriegsland Syrien hat der IS ebenfalls das kulturelle Erbe weitestgehend zerstört. Bei ihrem Feldzug im Land raubten die Dschihadisten antike Schätze, demolierten Heiligenschreine, funktionierten öffentliche Bibliotheken um. In der vom IS besetzten Stadt Raqqa wurde die Bibliothek laut Aussagen von Aktivisten in ein IS-Behördenzentrum mit integriertem Gefängnis umgewandelt. Auch Theater, Universitäten und Schulen stehen auf der Liste der Terroristen. In Syrien und im Irak sollen seit Ausbruch des Bürgerkrieges vor rund vier Jahren hunderte Bildungseinrichtungen samt Inhalt gesprengt oder verbrannt worden sein. Dies noch bevor der IS die Kampfstärke erreichte, die er heute hat. Die Dschihadisten wollen sich allerdings besonders mit einer neuen Qualität der Gewalt gegen Dinge und Menschen profilieren.
Mit öffentlichen Verbrennungen von Kulturgütern und politischen Gegnern möchten die Dschihadisten also ihre grenzenlose Brutalität demonstrieren. Am Wochenende zeigte ein Propaganda-Video kurdische Kämpfer in Käfigen, die sich von ihrem Familienangehörigen verabschieden. Die Bilder erinnerten an die Verbrennung des jordanischen Piloten Muas al Kasasba, der im Januar vom IS bei lebendigem Leibe verbrannt wurde. Die Menschen in Syrien und im Irak trauern also über die Bücher. Viele haben aber mehr Angst, dass sie selbst auf dem Scheiterhaufen landen.
Einzigartige Kulturgüter zerstört
Die Terrormiliz hat im Norden des Iraks außerdem einzigartige Kulturgüter aus altorientalischer Zeit zerstört. Darunter ist eine assyrische Türhüterfigur, die mehr als 2600 Jahre alt ist. Ein Internetvideo der Extremisten zeigt, wie IS-Anhänger im Museum der Stadt Mossul und an der Grabungsstätte Ninive bedeutende Bildwerke aus der Antike zertrümmern. Experten bestätigten der Deutschen Presse-Agentur, dass es sich bei vielen der zerstörten Stücke um Originale handelt.
Die Türhüterfigur sei eine „Ikone der altorientalischen Bildkunst“, sagte Markus Hilgert, Direktor des Vorderasiatischen Museums in Berlin, am Donnerstag. „Das ist so, als würde jemand die Sphinx in Ägypten zerstören.“ Die Figur ist laut Experten Teil des assyrischen Nergal-Tores aus dem siebten Jahrhundert vor Christus. Es gehörte zur Befestigung von Ninive, dem Zentrum des assyrischen Reiches. (mit dpa)