Angeblicher Schmuggel von Kraftstoff: Iran hält erneut ausländischen Tanker fest
Die iranischen Revolutionsgarden beschlagnahmten im Persischen Golf wieder ein Schiff. Es soll Kraftstoff für arabische Staaten an Bord gehabt haben.
Mitten im Konflikt um die Blockade eines britischen Öltankers hat der Iran ein weiteres „ausländisches“ Schiff im Persischen Golf beschlagnahmt. Die Revolutionsgarden (IRGC) teilten mit, das Schiff habe Erdöl in die arabischen Golfstaaten schmuggeln sollen. Es sei am 31. Juli nahe der Insel Farsi gestoppt und in den Hafen Buschehr gebracht worden. 700 000 Liter Öl seien beschlagnahmt und die sieben ausländischen Seeleute verhaftet worden, sagte ein Sprecher der IRGC-Marine der Nachrichtenagentur Fars am Sonntag.
Unter welcher Flagge das Schiff fuhr und für welche Reederei, wurde nicht mitgeteilt. Auch die Nationalitäten der Besatzung und das Zielland des Ölschmuggels blieben unklar.
Der Vorfall fällt mitten in die Debatte über einen Militäreinsatz zum Schutz der Handelsschifffahrt im Persischen Golf. Am 19. Juli hatten die Revolutionsgarden in der Straße von Hormus den britischen Öltanker „Stena Impero“ gestoppt, weil er angeblich gegen Regeln der Seefahrt verstoßen habe. Zuvor hatte Großbritannien am 4. Juli in Gibraltar den mit iranischem Öl beladenen Tanker „Grace1“ festgesetzt, weil er gegen EU-Sanktionen zum Syrien-Boykott verstoße.
Allerdings erinnert der jüngste Vorfall eher an die Affäre um den Tanker „Riah“, die in der Sicherheitsdebatte weitgehend ignoriert wird. Mitte Juli hatten die Revolutionsgarden den Tanker unter dem Vorwurf des Ölschmuggels festgesetzt und die sieben Mann Besatzung verhaftet.
Doch bis heute ist unklar, wem der mit 68 Metern Länge relativ kleine Tanker gehört. Die „Riah“ fuhr unter der Flagge Panamas, der letzte registrierte Eigner aus den Vereinigten Arabischen Emiraten erklärte, das Schiff gehöre ihm nicht mehr.
Debatte über Militäreinsatz zum Schutz von Handelsschiffen
Die Zwischenfälle befeuern die Debatte über den Schutz der Seewege. Deutschland lehnt eine Beteiligung an einem US-geführten Militäreinsatz im Persischen Golf ab, doch gehen die Meinungen über eine Beteiligung an einem europäischen Einsatz auseinander. Eine Mehrheit von 59 Prozent der Bürger in Deutschland ist laut einer Umfrage gegen eine deutsche Beteiligung an einem Marineeinsatz im Persischen Golf. Nur 28 Prozent sind dafür. Das zeigt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid für die „Bild am Sonntag“.
Die deutschen Reeder plädieren für „intensivste“ diplomatische Bemühungen und hoffen dabei auch auf eine Vermittlerrolle des Omans. Sie schließen einen europäischen Militäreinsatz zwar nicht aus. Man müsse aber gut abwägen, welche Art Einsatz schütze, aber nicht eskalierend wirke, sagte Ralf Nagel, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des Verbands Deutscher Reeder, am Samstag im WDR5-„Morgenecho“. Für die Reeder verteuert der Konflikt unter anderem die Versicherungsprämien.
Die britische Regierung hatte erst für einen Militäreinsatz europäischer Staaten geworben, tendiert aber unter dem neuen Premierminister Boris Johnson zu einem europäisch-amerikanischen Einsatz. Die Militärs der Briten und Amerikaner stimmen sich bereits darüber ab. In Sydney bat US-Außenminister Mike Pompeo am Sonntag Australien um Unterstützung für einen Einsatz in der Straße von Hormus. Australiens Verteidigungsministerin Linda Reynolds antwortete zurückhaltend: „Wir prüfen die Anfrage der USA sehr ernsthaft.“
Für Frankreich und Deutschland ist eine Beteiligung an einem Einsatz mit den USA problematisch, da sie sich von US-Präsident Donald Trumps Politik des „maximalen Drucks“ auf den Iran abgrenzen wollen. Die deutsche Industrie ist für einen Einsatz der Bundeswehr unter dem Dach einer europäischen Mission. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) verweist dabei auf die „herausragende Bedeutung“ der Handelsschifffahrt für die Exportnation Deutschland.
Furcht vor einer unbeabsichtigten Eskalation
Der iranische Präsident Hassan Ruhani hatte zur Deeskalation der Lage den Austausch des vom Iran festgehaltenen britischen Tankers gegen das in Gibraltar an die Kette gelegte Schiff ins Spiel gebracht. Großbritannien lehnte das aber ab.
Der Iran bestätigte, dass Außenminister Mohammed Dschawad Sarif über den US-Senator Rand Paul eine Einladung zu Trump ins Weiße Haus bekommen habe. Anschließend habe Trump aber Sanktionen gegen Sarif verhängt. „Das ist doch wirklich kindisch und albern“, sagte Sprecher Ali Rabiei in Teheran. Ein iranisch-amerikanisches Treffen ohne eine Rückkehr Trumps zum Wiener Atomabkommen von 2015 und die Aufhebung der Sanktionen sei nicht akzeptabel.
Der frühere US-General David Petraeus fürchtet eine unbeabsichtigte Eskalation des Konflikts. Zwar seien weder Trump noch der Iran anscheinend auf Krieg aus, sagte Petraeus dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Dennoch könne ein „kleinerer Zwischenfall“ zu „einem gefährlichen Konflikt“ führen. Der Iran teste mit Angriffen auf Tanker, dem Abschuss einer US-Drohne und der Störung des Schiffsverkehrs die Grenzen der Geduld der USA aus. Trumps „Strategie des maximalen Drucks“ zeige aber Erfolge, die Wirtschaftskraft des Irans schrumpfe. „Ich gehe davon aus, dass Iran im Laufe des nächsten Jahres um Verhandlungen und Sanktionserleichterungen ersuchen wird.“
Die Spannungen zwischen den USA und dem Iran sind gestiegen, seitdem die USA 2018 einseitig aus dem internationalen Atomabkommen ausgestiegen sind und scharfe Sanktionen verhängten. Teheran hielt sich ein Jahr lang weiter an das Abkommen, das eine iranische Atombombe verhindern soll. Seit Juni aber änderte auch der Iran seine Politik. Der Teilausstieg aus dem Atomdeal und das Vorgehen gegen britische Öltanker im Persischen Golf sind Teil dieser neuen Politik. (dpa)