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Soldaten der afghanischen Nationalarmee kontrollieren vor den Präsidentschaftswahlen ein Auto.
© Ebrahim Noroozi/AP/dpa

Wahl in Afghanistan: In vielen Gebieten ist die Stimmabgabe lebensgefährlich

Die Taliban drohen jeden zu töten, der an diesem Samstag in Afghanistan seine Stimme abgibt.

Wazhma Frogh ist verzweifelt. „Es war eine schreckliche Woche für Afghanistan“, schreibt die Frauenrechtlerin auf Twitter. „Wir hatten eine Hochzeit in der Familie, aber niemand wollte feiern. Jede Familie hatte einen Toten oder Verwundeten zu beklagen.“ In der vergangenen Woche sind in Afghanistan fast jeden Tag mehr als 170 Menschen getötet worden. Die für den Samstag geplante Präsidentschaftswahl täuscht eine Normalität vor, die es am Hindukusch nicht gibt. Etwa die Hälfte des Landes wird von den aufständischen Taliban kontrolliert. Und die haben gedroht, jeden zu töten, der wählen geht.

In der vergangenen Woche töteten die Aufständischen bei einem Attentat auf einer Wahlkampfveranstaltung von Präsident Ashraf Ghani in der Parvan-Provinz, nördlich von Kabul, mindestens 30 Menschen. Ghani blieb unverletzt. Es war eine der wenigen Kundgebungen, die der Politiker persönlich bestritten hatte. Wegen der Gefahr von Attentaten hatte der 70-Jährige sonst zumeist über Skype oder Telefon zu einer kleinen Menge gesprochen.

„Dies ist nicht die Zeit für Wahlen“, kritisiert der ehemalige Präsident Hamid Karzai, der zwischen 2004 und 2014 das Land regierte. Afghanistan brauche erst einmal Frieden, sagt der 61-Jährige. Die Wahl werde das Land noch tiefer in den Strudel der Gewalt ziehen.

Mehr als neun Millionen Afghanen sind wahlberechtigt. Die Wahlbeteiligung bei der letzten Präsidentschaftswahl 2014 lag bei 58 Prozent, doch bei der um drei Jahre verspäteten Parlamentswahl 2018 machten nur noch 39 Prozent der registrierten Wähler von ihrer Stimme Gebrauch. Diesmal könnte die Bilanz noch schlechter ausfallen. Laut einer Umfrage der Wahlbeobachtergruppe „Transparent Election Foundation of Afghanistan“ (TEFA) in Kabul planen nur 43 Prozent der Befragten abzustimmen.

Beide Kontrahenten sind nicht besonders beliebt

In vielen Gebieten ist es schlicht lebensgefährlich, an der Abstimmung teilzunehmen. Habib Khan Totakhil, ein Journalist und Restaurantbesitzer in Kabul, will diesmal nicht wählen gehen. Die Abstimmung führe vermutlich nur zu einer weiteren Krise, meint Totakhil. Beinahe 2000 Wahllokale werden am Samstag aus Sicherheitsgründen geschlossen bleiben. Die verbleibenden 4942 sollen von etwa 72 000 Sicherheitskräften geschützt werden. Armee und Polizei haben zugesichert, alles zu tun, um die Wähler zu schützen, doch dies dürfte angesichts des Blutvergießens der letzten Wochen ein leeres Versprechen sein.

Präsident Ghani gilt diesmal als klarer Favorit bei der Abstimmung. Der Politiker, der sich für eine zweite Amtszeit bewirbt, hat mit dem Scheitern der Verhandlungen zwischen den USA und den Taliban eine neue, politische Chance erhalten. Vor drei Wochen hatte US-Präsident Donald Trump die Verhandlungen mit den Aufständischen per Twitter abgebrochen. Damit ist kein Ende des fast 18 Jahre dauernden Konflikts abzusehen.

Ghani ist nach fünf Jahren im Amt zwar unbeliebt, doch dies gilt ebenso für seinen Kontrahenten, Abdullah Abdullah, ein ehemaliger Augenarzt, der in den 1990er Jahren als Mitglied der Nordallianz gegen die Taliban kämpfte. Ghani und der 59-jährige Abdullah hatten nach der chaotischen Wahl 2014 auf Drängen der USA eine Einheitsregierung gebildet. Bis heute ist nicht klar, wer von den beiden die Wahl gewann. Auch diesmal könnte die Abstimmung wieder von Betrugsvorwürfen und Streit um die Auszählung der Stimmen überschattet werden.

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