Der "Grüne Knopf" ist nur gut gemeint: In der Textilindustrie müssen Material und Arbeitsbedingungen besser werden
Statt eines freiwilligen Siegels braucht es eine Initiative, die den Konsumenten nicht die Verantwortung für den Wandel der Industrie aufbürdet. Ein Kommentar.
Mit dem neuen Metasiegel "Grüner Knopf" will Entwicklungsminister Gerd Müller zum Vorreiter einer sozial verträglichen und umweltfreundlichen Modeindustrie werden. Das wäre auch bitter nötig. Denn die Textilbranche ist eine der dreckigsten und unfairsten der Welt, sie kommt gleich nach der Erdölindustrie. Fünf Jahre hat es gedauert, bis das Entwicklungsministerium seine Vorstellung davon entwickelt hat, wie genau sich das ändern lässt. Der „Grüne Knopf“ ist das, was Gerd Müller der Welt hinterlassen will. Und das ist aller Ehren wert.
Was es jetzt aber bräuchte, ist kein weiteres freiwilliges Siegel. Notwendig wäre eine Initiative, die den Konsumenten nicht mehr die Hauptverantwortung für den Wandel einer ganzen Industrie aufbürdet. Dafür müssten die Verantwortlichen in die Pflicht genommen werden. Die Textilbranche ist vollkommen aus dem Ruder gelaufen, sie produziert sehr viel größere Mengen, als jemals gekauft werden. Schätzungen zufolge bis zu 30 Prozent der Kleidung, die in Asien, aber auch in Sweatshops in Europa zum großen Teil unter unmenschlichen Bedingungen und zu Lasten der Umwelt produziert werden, landen schlicht auf dem Müll.
Gerade in der Bekleidungsindustrie ist die Lieferkette besonders kleinteilig und daher schwer zu überwachen. Was gebraucht wird, sind eine wesentlich höhere Qualität beim Material und der Produktion - plus bessere Arbeitsbedingungen. Das kann nur erreicht werden, wenn man sich die Mühe macht, sehr viel genauer hinzuschauen. So lange der Markt mit immer mehr und immer billigerer Ware überschwemmt wird, lässt sich daran nichts ändern.
Der „Grüne Knopf“ soll Produkte auszeichnen, die fair und ökologisch gefärbt, gebleicht und gefertigt wurden – und die dafür bereits andere Siegel erhalten haben. Es wird also in erster Linie geprüft und zertifiziert, was schon einmal zertifiziert und geprüft wurde. Das kostet Geld und Aufwand für wenig zusätzliche Klarheit. 50 Unternehmen haben den Prozess bereits durchlaufen, unter anderem C&A, Otto und die Outdoormarke Vaude – alles längst Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit.
Günstige Kleidung ruiniert Mensch und Umwelt
Es sollte eigentlich nicht darum gehen, noch ein Bündnis für die Guten zu schaffen, denn die machen es schon aus eigenem Interesse richtig. Bei Vaude gehört es zum Markenkern, ökologisch und sozial zu handeln, damit verkauft das Unternehmen vom Bodensee seine Produkte an eine wohlinformierte Zielgruppe.
Wer dagegen nach dem Grundsatz wirtschaftet, alles so günstig wie möglich anbieten zu wollen, muss die Preise drücken. Das wirkt sich nicht nur auf die Qualität des Kleidungsstücks, sondern auch auf die Art aus, wie mit Abfällen, Abwässern und Arbeitskräften umgegangen wird. T-Shirts für fünf Euro und weniger anzubieten, ruiniert die Umwelt und die Menschen, die für diese Dumping-Preise wie Sklaven gehalten werden.
Um das zu ändern, bräuchten wir verbindliche gesetzliche Regeln, die alle Unternehmen verpflichten, bestimmte Standards einzuhalten. Aber kein weiteres gut gemeintes Siegel.