Mode aus Schweden: Der Norden trägt Grün
Viele schwedische Modemarken gehen pragmatisch an Nachhaltigkeit heran.
Wer an schwedische Mode denkt, dem kommt vielleicht zuerst Hennes & Mauritz in den Sinn. Das ist nicht gerade das, was man sich unter Nachhaltigkeit vorstellt, auch wenn das Unternehmen nicht nur kleine Extra-Kollektionen mit Biobaumwolle und recycelten Kunstfasern im Programm hat, sondern auch zunehmend versucht, ökologisch und fair zu handeln – soweit das für ein Fast-Fashion-Unternehmen überhaupt möglich ist. Darüber hinaus gibt es mit dem H&M-Ableger „Arket“ eine Marke, die Wert auf Transparenz bei Verarbeitung und Materialien legt.
Im Schatten dieses Riesen gibt es erstaunlich viele Labels in Schweden, die versuchen, Nachhaltigkeit zu einem zentralen Bestandteil ihrer Firmenphilosophie zu machen. Vielleicht liegt es daran, dass die Schweden naturverbunden sind, das behauptet zumindest Sebastian Westin, der Gründer des Taschenlabels Sandqvist: „Es ist sehr einfach, in die Natur zu kommen. Man kommt von Stockholm aus in 20 Minuten an wunderschöne Seen und Wälder.“ Die schlichten und robusten Rucksäcke von Sandqvist passen dazu, und die Ziele von Westin für sein Unternehmen sind hoch. Seit 2018 wird nur noch Bio-Baumwolle und recyceltes Polyester für die Produkte verwandt, das Leder ist vegetabil gegerbt.
Dabei gehört Nachhaltigkeit fast nie zum Gründungsmythos schwedischer Labels. Ökologische Materialien zu verwenden und sich um bessere Produktionsbedingungen zu kümmern, ist eher dem Versuch geschuldet, die Produkte weiterzuentwickeln und den Kunden einen zusätzlichen Grund zu liefern, sie zu kaufen.
Bei Filippa K. können Kunden Kleidung ausleihen
Die meisten schwedischen Modemarken sind im Gegensatz zu Hennes & Mauritz eher klein und stark im heimischen und skandinavischen Markt verankert. Sie entwerfen Mode, die sich gut im Alltag nutzen lässt und oft nicht allzu extravagant ausfällt. Etwas anderes würde auch nicht wirklich zu einer traditionell sozialdemokratisch ausgerichteten Gesellschaft passen, deren Motto lautet: „Eine Person ist so gut wie die andere“. Und wenn das Design klar und reduziert ist, fällt es auch leichter, sich auf nachhaltige Kriterien einzulassen.
Zu einem Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit ist das Stockholmer Label Filippa K. geworden. Im Januar hatte die schwedische Botschaft zur Fashion Week deutsche und schwedische Modeunternehmen zur Diskussionsveranstaltung „The Future of Fashion“ geladen, mit dabei auch Elin Larsson, die sich seit 2014 bei Filippa K. darum kümmert, dass die Produkte nachhaltiger werden. Zwei von ihnen stellte sie vor. Da ist zum einen das „Throw-away-Kleid“ aus einem papierähnlichen Stoff, das nur für den einmaligen Gebrauch gedacht ist, und zum anderen der „Eternal Trench Coat“, der zu 100 Prozent aus recyceltem Polyester besteht und unverwüstlich sein soll.
Seit 2016 bietet Filippa K. noch einen anderen Service an, der die Schwemme in den Kleiderschränken eindämmen soll. In ausgewählten Geschäften der Marke – auch in dem Berliner – können Kunden Kleidung ausleihen. Für 20 Prozent des Kaufpreises kann man sich zum Beispiel ein Abendkleid oder einen Anzug für vier Tage mit nach Hause nehmen. Ein Mitarbeiter des Berliner Geschäfts bestätigt, dass das Angebot gut angenommen wird und man dadurch einige neue Kunden gewonnen hat.
Dass viele schwedische Marken umweltbewusster handeln, scheint einen gesunden Konkurrenzkampf ausgelöst zu haben. Das Schuhunternehmen Kavat beispielsweise will zum „nachhaltigsten Schuhhersteller der Welt“ werden. Dafür hat es Gummistiefel auf den Markt gebracht, die zu einem Drittel aus Zuckerrohr bestehen. Und der Strumpfhersteller „Swedish Stockings“ bietet für ein kurzlebiges und problematisches Produkt wie die Strumpfhose eine nachhaltige Alternative aus recyceltem Material an, die es in vielen knalligen Farben gibt.