Woidke nimmt Kurs auf „Kenia“: In Brandenburg ist eine Koalition aus SPD, CDU und Grünen wahrscheinlich
In Brandenburg könnte es ein „Kenia“-Bündnis aus Schwarz-Rot-Grün geben. Die CDU zeigt sich offen für Gespräche, die Linkspartei ist wohl außen vor.
In Brandenburg peilt SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke nach seinem Sieg bei der Landtagswahl gemeinsam mit der CDU und den Grünen ein „Kenia“-Bündnis an. „Entscheidend ist, dass Brandenburg eine stabile und gute Mehrheit bekommt“, sagte Woidke im Tagesspiegel-Interview. Mit dem Ausgang der Wahl im Land hätte rechnerisch nur die rot-schwarz-grüne „Kenia“-Koalition mit den bisher oppositionellen Grünen und Christdemokraten eine solide Mehrheit von fünf Mandaten, während Rot- Rot-Grün mit nur einer einzigen Stimme Vorsprung regieren müsste.
Woidke kündigte an, dass er ab Donnerstag alle Fraktionen außer der AfD zu Sondierungsgesprächen einladen will. Wie er bestätigte, hat er bereits vor Schließung der Wahllokale mit CDU-Parteichef Ingo Senftleben telefoniert, als das Ergebnis absehbar gewesen sei. Senftleben steht in der eigenen Partei allerdings wegen des miserablen Abschneidens der CDU unter Druck. „Die Demokratie und Brandenburg hat nichts davon, wenn sich ein potenzieller Koalitionspartner selbst zerfleddert“, sagte Woidke: „Eine CDU-Schlachteplatte wäre kein schönes Bild.“
Am Montagabend berichtete der rbb, die CDU in Brandenburg habe beschlossen, mit SPD, Grünen und Freien Wählern Sondierungsgespräche zu führen. Der ehemalige Spitzenkandidat Ingo Senftleben sei demnach Teil der Sondierungsgruppe.
Auch die CDU-Bundesspitze wünscht sich offenbar „Kenia“ in Brandenburg: Senftleben habe die volle Rückendeckung des CDU-Präsidiums und des CDU-Vorstandes, sagte die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer nach Gremiensitzungen in Berlin. Woidke solle die CDU „als Stimme der Vernunft“ in die Verantwortung einbeziehen.
CDU ermuntert Senftleben
Man habe Senftleben „ermuntert und ermutigt“, dieser Verantwortung gerecht zu werden, um Rot-Rot-Grün zu verhindern. „Für Brandenburg geht es darum, eine stabile Regierung zu gestalten.“ Zugleich betonte Kramp-Karrenbauer, es gelte weiter der Beschluss, „dass es mit der AfD keine Regierung geben wird“. Man grenze sich klar ab von einer Haltung, die sich auf das Schlecht- und Angstmachen konzentriere. „Stattdessen bauen wir Brücken, wenn es um die Gestaltung der Zukunft geht.“
Rot-Rot-Grün schließt Woidke allerdings nicht aus. Mit den Linken habe es eine gute Kooperation gegeben. Gegenüber den Grünen, die er oft kritisiert hatte, schlug Woidke neue Töne an: „Ich schätze sie als ernst zu nehmende Gesprächspartner“, sagte er. „Und ich weiß, was geht und was nicht geht.“
Grünen-Landeschefin Petra Budke ließ beide Optionen offen und betonte, dass es um einen nötigen Richtungswechsel im Land gehe. „Wir sind keine einfachen Mehrheitsbeschaffer.“
Auch in Sachsen ist rechnerisch ein „Kenia“-Bündnis die wahrscheinlichste Option, aber unter Führung der CDU – bisher gibt es diese Koalitionsvariante nur in Sachsen-Anhalt. „Kenia“ könnte plötzlich zur bestimmenden Koalitionsvariante im Osten werden. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) rechnet mit einer längeren Regierungsbildung. Er hatte vor der Wahl gesagt, dass er mit den Grünen eigentlich nicht regieren wolle.
Die CDU holte in Sachsen laut vorläufigem amtlichen Endergebnis 32,1 Prozent – ein neuer Tiefstand. Aber mit der SPD (7,7 Prozent) und den Grünen (8,6) würde es für eine Mehrheit reichen. Die AfD kam auf 27,5 Prozent, ihr bundesweit bestes Landtagswahlergebnis überhaupt.