Taten der „dritten Generation“ im Fokus: Immer noch 20 Ermittlungsverfahren gegen RAF
Die Taten liegen Jahrzehnte zurück, doch weiterhin ist die Bundesanwaltschaft aktiv. Nach vier RAF-Mitgliedern werde gefahndet, sagt Generalbundesanwalt Frank.
Die Bundesanwaltschaft gibt die Ermittlungen zu Anschlägen der Roten Armee Fraktion (RAF) nicht auf, auch wenn die Taten schon Jahrzehnte zurückliegen. „Wir führen derzeit noch 20 Ermittlungsverfahren zu Taten der RAF“, sagte Generalbundesanwalt Peter Frank dem Tagesspiegel.
Schwerpunkt seien die Anschläge der „dritten Generation“. Damit sind die RAF-Terroristen gemeint, die vom Beginn der 1980er Jahre an Attentate und weitere Verbrechen verübten. Die linksextreme Terrororganisation hatte sich 1970 gegründet, 1998 verkündete sie ihre Auflösung. Mehrere Anschläge sind bis heute nicht aufgeklärt.
Das betreffe unter anderem die Ermordung von Alfred Herrhausen und Detlev Karsten Rohwedder, sagte der Generalbundesanwalt. Herrhausen war Vorstandssprecher der Deutschen Bank, im November 1989 starb er in Bad Homburg bei einem Bombenattentat der RAF. Im April 1991 wurde Rohwedder in seinem Haus in Düsseldorf von mindestens einem Terroristen durch ein Fenster erschossen. Rohwedder leitete die Treuhandanstalt, die ehemalige DDR-Unternehmen privatisierte. Bei beiden Anschlägen wurden die Täter nicht ermittelt.
Frank warnt vor weiterer Radikalisierung im Rechtsextremismus
Nach vier immer noch flüchtigen RAF-Mitgliedern fahndet die Bundesanwaltschaft mit einem Haftbefehl. Generalbundesanwalt Frank nannte Friederike Krabbe, Daniela Klette, Burkhard Garweg und Ernst Volker Staub. Krabbe steht in Verdacht, im Fall der Entführung und Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer im Herbst 1977 eine konspirative Wohnung gemietet zu haben. Klette, Garweg und Staub sollen unter anderem im März 1993 mit einem Sprengstoffanschlag den noch nicht bezogenen Neubau der JVA Weiterstadt (Hessen) zerstört haben. Diese drei RAF-Leute haben womöglich in den vergangenen Jahren Raubüberfälle in Norddeutschland verübt, um an Geld zu kommen.
Frank warnte zudem vor einer weiteren Radikalisierung im Rechtsextremismus. Es gebe in Deutschland gewaltbereite Gruppen, „die gut vernetzt sind und ihre Mitglieder schnell mobilisieren können“. Als härtestes Beispiel nannte er „Revolution Chemnitz“. Dieser Fall sei für die Bundesanwaltschaft im Bereich Rechtsterrorismus „eines der bedeutendsten Verfahren, die wir gegenwärtig führen“. Die Terrorgruppe hatte sich nach den rassistischen Krawallen im Spätsommer in Chemnitz gebildet und geplant, zum Jahrestag der Wiedervereinigung einen Anschlag zu verüben. Acht mutmaßliche Mitglieder sitzen in Untersuchungshaft.
Islamistischer Terror bleibt für die Bundesanwaltschaft ebenfalls ein Schwerpunkt der Ermittlungen. „Die beiden großen Terrororganisationen, der IS und Al Qaida, rufen immer wieder zu Anschlägen in Europa auf“, sagte Frank. Damit bleibe auch Deutschland „eines der Anschlagsziele“.
Die Bundesanwaltschaft führt derzeit rund 250 Verfahren gegen islamistische Terrorverdächtige. Allein in diesem Jahr seien bereits 100 Verfahren eingeleitet worden, sagte Frank. Außerdem habe die Bundesanwaltschaft gegen ein Drittel der deutschen Dschihadisten, die sich im Nordosten Syriens im Gewahrsam der Kurden befinden, Haftbefehle. Das heiße aber nicht, dass die weiteren dort festgehaltenen deutschen Dschihadisten bei einer Rückkehr in die Bundesrepublik keine Strafverfolgung befürchten müssten, betonte der Generalbundesanwalt.