Trumps Einwanderungspolitik: Im Protest vereint
Hunderttausende demonstrieren landesweit gegen die Einwanderungspolitik von US-Präsident Donald Trump. Der gibt sich weiter hart.
Es sind rührende Momente, als die vier Mädchen auf die Bühne kommen. Die Kleinste scheint fast noch im Kindergartenalter zu sein. Sie lesen Briefe vor, die sie an von ihren Eltern getrennte Flüchtlingskinder geschrieben haben, Kinder in ihrem Alter. „Du hast noch nicht viel von Amerika gesehen, aber es gibt so viele unterschiedliche Menschen in Amerika“, versichert die größte von ihnen. Manche würden behaupten, dass es gute Gründe für solch eine Politik gebe. Aber: „Es gibt nicht einen guten Grund.“ Gemeinsam mit ihrer Mutter werde sie so lange weiter demonstrieren, bis alles wieder gut sei. Eine andere liest: „Liebe Freundin, ich wünschte, ich könnte dich treffen und dir helfen, deine Träume zu erfüllen. Denn das ist etwas, was dir niemand wegnehmen kann.“ Die bunt gemischte Menschenmenge, die trotz des schwül-heißen Wetters zu der Demonstration gekommen ist, klatscht begeistert.
Wie hier in der Hauptstadt Washington protestierten am Samstag landesweit Hunderttausende gegen die verschärfte Einwanderungspolitik von US-Präsident Donald Trump. Unter dem Motto „Familien gehören zusammen“ versammelten sich Bürger in allen 50 Bundesstaaten zu Protestmärschen. Auch viele Prominente und zahlreiche Politiker der oppositionellen Demokraten schlossen sich den Demonstranten in mehr als 700 Städten an, große Kundgebungen gab es zum Beispiel in New York, Boston, Chicago und Los Angeles.
Trump verbrachte sein Wochenende auf dem Golfplatz
Die zentrale Veranstaltung mit rund 50.000 Teilnehmern in Washington begann in der Nähe des Weißen Hauses, viele Demonstranten richteten ihren Unmut auch direkt an den US-Präsidenten, dem sie „Schande, Schande“ zuriefen. Trump selbst war allerdings über das Wochenende in seinen Golf-Club in New Jersey geflogen. Aus der Ferne verteidigte er seine harte Haltung via Twitter. „Wenn Menschen illegal in unser Land kommen, müssen wir sie unverzüglich zurückführen, ohne jahrelanges juristisches Hin und Her“, schrieb er und wiederholte seine Aussage, die Einwanderungsgesetze der USA seien „die dümmsten der Welt“.
Die US-Behörden behandeln illegal ins Land kommende Menschen seit Monaten systematisch als Gesetzesbrecher und nehmen sie in Haft. Da Kinder eigentlich nicht mit ihren Eltern inhaftiert werden dürfen, wurden Familien auseinandergerissen und Kinder in Heimen oder bei Pflegefamilien untergebracht, teilweise in weit von der mexikanischen Grenze entfernten Bundesstaaten. Nach scharfer Kritik im In- und Ausland beendete Trump diese Praxis per Dekret. Doch rund 2000 der betroffenen Kinder sind immer noch getrennt von ihren Eltern. Die teils vor Gericht erkämpfte Wiedervereinigung der Familien kommt nur langsam voran.
Kongress kann sich nicht auf ein Einwanderungsgesetz einigen
Aus Trumps Erlass ergibt sich darüber hinaus ein rechtliches Problem. Nach einem Gerichtsurteil aus dem Jahr 1997 dürfen Kinder nicht länger als 20 Tage in Haft gehalten werden, auch nicht zusammen mit ihren Eltern. Bis über den Aufenthaltsstatus ihrer Eltern entschieden ist, können aber mehrere Monate vergehen. In der vergangenen Woche ordnete ein Gericht im kalifornischen San Diego, dass Kinder illegal eingereister Migranten innerhalb von 30 Tagen wieder mit ihren Eltern vereint werden müssten, bei unter Fünfjährige müsste das sogar innerhalb von zwei Wochen geschehen. Mit Blick auf dieses Urteil betonte das Justizministerium am Freitag, dass man Familien nicht mehr trennen wolle – sie würden aber so lange gemeinsam in Haft belassen, bis die Verfahren abgeschlossen seien. Wie lange das sein könnte, wurde nicht näher erläutert. Die juristische Auseinandersetzung darüber wird mit Sicherheit weiter gehen.
Auf ein neues Einwanderungsgesetz, das solche Fragen klären könnte, konnte sich der US-Kongress auch in der vergangenen Woche nicht einigen. In dieser Woche wird aufgrund des Nationalfeiertags am 4. Juli ebenfalls nichts passieren. Trump hat seiner Partei bereits empfohlen, abzuwarten, bis die republikanische Mehrheit im Kongress nach den Midterm-Wahlen im November gestärkt sei.
Ob es dazu kommt, ist offen. Die Opposition hofft darauf, dass sie ihre Anhänger mit diesem emotionalen Thema mobilisieren kann. Die landesweiten Demonstrationen am Wochenende sollen nur der Anfang gewesen sein.