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Harald Martenstein schlägt vor, Sepp Blatter die Steuerfahndung auf den Hals zu jagen. Wie bei Al Capone.
© dpa

Pädophilie-Debatte: Ideologische Verblendung ist kein speziell grünes Problem

Immer neue Erkenntnisse über Kindesmissbrauch in der Frühphase der Grünen setzen die Partei-Oberen unter Erklärungsdruck. Sind diese Taten in der grünen Ideologie angelegt? Martenstein meint: Ideologisch verblendet sind andere auch. Ein Kommentar

Das Zentrum des Kindesmissbrauchs durch Mitglieder der Grünen befand sich in den 80er und 90er Jahren in Kreuzberg. Das geht aus einem Interview mit einer ehemaligen Sozialarbeiterin hervor, das in der „FAZ“ erschienen ist. Frauke Homann stand der Partei selbst nahe, das sei ihre „politische Heimat“ gewesen. In der Falckensteinstraße, nahe dem Görlitzer Park, gab es einen Keller, der als Sexklub diente und in dem vor allem Jungen, aber nicht nur Jungen, aus sozial schwachen Familien missbraucht wurden. Ein Kind schrieb das Wort „Kinderpuff“ an die Tür. Im Graefekiez habe es eine „Tauschbörse für Knaben“ gegeben. Die Sozialarbeiterin sagt: „In Kreuzberg war praktisch jede Art von Kindereinrichtung von pädosexuellen Tätern bedroht“.

Wenn es zum Prozess kam, mussten die jungen Opfer damit rechnen, von den Tätern bedroht und lächerlich gemacht zu werden. Der Journalist, der dieses Interview geführt hat, heißt Christian Füller. 2013 hat Füller seine Stelle als Redakteur der „taz“ verloren, weil er in einem Artikel die Verstrickung der Grünen in den massenhaften Kindesmissbrauch anprangern wollte. Füller vertrat die These, dass diese Taten „in der grünen Ideologie angelegt“ seien. Sein Text wurde vom Justiziar gecheckt, alle Fakten waren belegbar. Aber er durfte nicht erscheinen, die Chefredakteurin Ines Pohl kippte ihn aus dem Blatt. Füller hatte die Wurzel des Problems darin gesehen, dass viele Grüne „Gläubige“ seien, die glaubten, nur sie stünden für eine bessere Welt. „Empathie gibt es bei den Grünen nur für die Opfer der anderen.“ Pohl ordnete an, dass von diesem Mann kein Text mehr gedruckt werden dürfe.

Verblendung ist kein speziell grünes Problem

Ich bin nicht ganz Füllers Ansicht. Erstens stellt sich die Partei diesem Teil ihrer Vergangenheit. Zweitens sollte man die Grünen gegen Pauschalvorwürfe in Schutz nehmen, schon damals gab es bei ihnen Widerstand gegen die Lobby der Sexualverbrecher. Ideologische Verblendung ist außerdem kein speziell grünes Problem. Überall dort, wo Leute glauben, nur sie besäßen ein Rezept zur Heilung der Welt von allen Übeln, geht man über Leichen, in diesem Fall über seelische Leichen. Es gibt keine bessere Medizin gegen die Unmenschlichkeit als das Wissen um die eigene Fehlbarkeit.

Und heute? Als die Grünen im Kreuzberg von heute „sexistische Werbung“ verbieten ließen, wurden die neuen Richtlinien mit Beispielbildern illustriert. Die Bilder mussten entfernt werden, bevor die neuen Vorschriften dem Parlament vorgelegt wurden. Die Parlamentarier sollten über Sexismus beraten, aber der Anblick dessen, was sie verbieten sollten, wurde ihnen aus moralischen Gründen vorenthalten. Vor ein paar Jahren waren Kinder Freiwild. Heute werden Erwachsene wie Kinder behandelt.

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