Britischer Premierminister David Cameron: „Ich bin nicht mit der EU zufrieden“
Es gab wichtige Themen beim EU-Ostgipfel in Riga: Die Ukraine- oder Griechenland-Krise zum Beispiel – doch der britische Premierminister David Cameron sprach vor allem über seine Reformideen.
Die Irritation ist spürbar gewesen, nach der Ankunft von David Cameron in der lettischen Hauptstadt Riga. Ohne nur mit einem Wort auf das Thema des EU-Ostgipfels oder die wichtigen Griechenlandgespräche am Rande einzugehen, erzählte er der Presse, dass er gedenke, den versammelten Staats- und Regierungschefs seine eigene Tagesordnung aufzudrücken: „Ich werde heute eine ernste Debatte darüber beginnen, wie die Europäische Union reformiert und Britanniens Beziehungen zu ihr neu verhandelt werden können.“ Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite äußerte sich pikiert, und aus der deutschen Delegation war zu hören, der Ostgipfel mit seinen großen Problemen sei „nicht der Ort für diese Debatte, für die es noch genug Gelegenheiten geben wird“.
Cameron lief im Sitzungssaal "nicht in eine Mauer aus Liebe"
Cameron war das erst einmal egal, obwohl er selbst eingestand, beim Betreten des Sitzungssaals „nicht in eine Mauer aus Liebe“ gelaufen zu sein. Früh ließ der gerade überraschend deutlich Wiedergewählte streuen, er werde am Nachmittag die gesamte europäische Presse unterrichten – während alle anderen der lettischen Gastgeberin Laimdota Straujuma und den EU-Spitzen Donald Tusk und Jean-Claude Juncker den Vortritt ließen.
Eher beiläufig erfuhr die Öffentlichkeit, dass der bis dato eher ruhige Gipfel fast geplatzt wäre und Tusk die Sitzung für ein dringendes Telefonat 20 Minuten unterbrechen musste. Quasi in letzter Sekunde erklärte Aserbaidschan – neben Armenien, Georgien, Moldawien, Weißrussland und der Ukraine einer der sechs Partner –, der Abschlusserklärung nicht zustimmen zu können. Diplomaten berichteten, im Sitzungssaal sei sofort die Befürchtung entstanden, das Land stehe unter Moskauer Druck, die Formulierungen hinsichtlich der territorialen Integrität der Ukraine abzulehnen. Nach einem Telefonat zwischen Tusk und Aserbaidschans Präsidenten Ilham Aliyev stellte sich jedoch heraus, dass es nur um eine Formulierung zum regionalen Konflikt in Nagorny Karabach ging.
Darauf ging David Cameron in seinem Gipfelresümee nicht ein. Wobei ihm jemand gesagt haben musste, dass es vielleicht ratsam sein könnte, auch einige Sätze über die Ukraine zu verlieren. Schließlich wurden selbst seine Wortmeldungen im Saal – er sprach leidenschaftlich über eine Ausdifferenzierung der Beziehungen mit den östlichen Partnern – von manchem Zuhörer auf die britischen Beziehungen zur EU gemünzt.
Cameron stimmte die Briten auf "viel Lärm" ein
Cameron führte in Riga bereits eine ganze Reihe bilateraler Gespräche – mit Lettland, Polen, Schweden und Ungarn. Nächste Woche führt ihn seine Werbetour unter anderem nach Berlin und Paris. Er gab sich überzeugt, dass „am Ende eine reformierte EU im Interesse aller sein wird“. Er hielt daran fest, dass ein Referendum über Verbleib oder Austritt Großbritanniens spätestens Ende 2017 über die Bühne gegangen sein müsse, doch wäre es „gut, wenn wir früher Fortschritte in den Gesprächen mit unseren europäischen Partnern sehen“. Und Cameron stimmte seine Landsleute darauf ein, dass es viel Lärm darum geben werde. Doch wolle er die Fragen der Zuwanderung in die Sozialsysteme oder der bürokratischen Hindernisse für britische Unternehmen gelöst wissen. Auch ist ihm die EU-Vertragspräambel einer „immer engeren Union“ ein Graus: „Das britische Volk ist mit dem Status quo der EU nicht zufrieden – und ich bin es auch nicht.“