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Mit am Regierungstisch. Londons Bürgermeister Boris Johnson.
© Hannah McCay/dpa
Update

Großbritannien nach der Wahl: David Cameron macht Druck auf die EU

David Cameron will mit der EU hart verhandeln. Zuerst hat er aber sein neues Kabinett zusammengestellt. Darin findet sich auch Londons Bürgermeister Boris Johnson wieder, der aber nur dabeisitzt, ohne ein Amt zu bekleiden.

Großbritanniens Wahlsieger, Premier David Cameron, hat am Montag nicht nur ein neues Kabinett ernannt, das ausschließlich aus Tories besteht und einen deutlich erhöhten Frauenanteil hat. Mit Volldampf macht er sich auch an seine zweitwichtigste Aufgabe: die Europapolitik.

„Ich habe bereits mit den Verhandlungen begonnen“, sagte er nach Telefonaten mit europäischen Regierungschefs, in denen er am Wochenende das Terrain sondierte. Dem einflussreichen „1922 Komitee“ der oft rebellischen Tory-Hinterbänkler versicherte er im Unterhaus: „Wir werden unsere Beziehung mit Europa erneuern, sicherstellen, dass wir bessere Bedingungen für das britische Volk bekommen, dann gibt es ein Rein-oder-Raus-Referendum.“ Cameron wurde dafür begeistert gefeiert. Der „gute Wille“ sei enorm, sagte der Komiteevorsitzende Graham Brady.

Die wichtigste Aufgabe wird Cameron behutsamer angehen: den Zusammenhalt des Vereinigten Königreichs. Am Montag traf die neue Riege von 56 schottischen Unterhausabgeordneten der SNP in einer als „Gael Force One“ bezeichneten Sondermaschine in London ein, entschlossen, von der konservativen Tory-Regierung nicht kaltgestellt zu werden. Cameron sagte Schottland schnelle Reformen und neue Autonomierechte zu, schloss aber ein zweites Referendum über Schottlands Unabhängigkeit aus.

Harte und konstruktive Verhandlungen

Mit Blick auf Europa signalisierte Cameron, dass er seine auch in der EU gestärkte Autorität zu harten und konstruktiven Verhandlungen nutzen will. Dafür soll sein Verhandlungsteam sorgen, dem neben ihm selbst und Schatzminister George Osborne, dem neuen Vizepremier, auch der im Amt bestätigte Außenminister Philip Hammond angehört, ein erklärter Euro-Skeptiker. In London war am Montag von einem vorgezogenen Referendum schon 2016 die Rede. EU-Skeptiker der Tories haben mehr Rechte für das Nationalparlament als zentrale Forderung genannt. Auch die Austrittswilligen signalisieren konstruktives Stillhalten, sie wollen ihre Argumente gegebenenfalls beim Referendum selbst vortragen.

Hoffnungsvoll äußerte sich der Londoner Bürgermeister Boris Johnson, der ohne Ministerposten trotzdem an Camerons Kabinettstisch sitzt. „Es gibt viele EU-Regierungen, die Camerons Meinung teilen, es aber bisher nicht zu sagen wagten“, schrieb Johnson im „Daily Telegraph“ und verglich „verschämte Euro-Skeptiker“, die es überall in Europa gebe, mit den „verschämten Tories“, die im Widerspruch zu allen Umfragen Camerons Wahlsieg sicherten.

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