Einigung im Asylstreit: Horst Seehofer sieht jetzt alt aus
Horst Seehofer hat für seine angekündigte "Asylwende" viel riskiert und dem Ansehen der Politik geschadet. Die erzielte Vereinbarung ist aber das Papier nicht wert, auf dem sie steht. Ein Kommentar.
Da sieht Horst Seehofer nun aber alt aus. Wie ein wild gewordener Tiger ist er gestartet im Asylstreit. Beinahe eine Regierung hat er gesprengt, auf jeden Fall dem Ansehen der politischen Klasse einen bleibenden Schaden zugefügt. Und wofür das alles? Sind ein paar tausend Flüchtlinge, die in Italien registriert wurden und in Deutschland Asyl beantragen möchten, das vordringlichste Problem dieses Landes?
Ja, es ist richtig: Der Umgang der Europäer mit den Fragen von Grenzsicherung und Verteilung von Flüchtlingen ist mehr als dürftig. Jeder verfolgt seine eigenen Ziele, von Solidarität oder gar einer gemeinsamen Strategie ist weit und breit nichts zu sehen. Dass da der Ruf nach nationalen Lösungen laut wird, ist sogar verständlich. Am aktuellen Beispiel aber zeigt sich einmal mehr, wie untauglich und wirkungslos sie sind.
Horst Seehofers Unions-Vereinbarung, der jetzt auch die SPD zugestimmt hat, ist das Papier nicht wert, auf dem sie vor ein paar Tagen aufgeschrieben wurde. Weil nur eine Handvoll Menschen überhaupt betroffen sind. Und weil die Chancen schlecht stehen, dass andere EU-Länder mitmachen und die Regelung überhaupt umgesetzt wird.
Die Sozialdemokraten haben in dieser Woche gezeigt, dass sie Politik noch verstehen und Seehofers Budenzauber nicht zum Koalitionskrieg gemacht. Sie haben nicht nur die Kleinheit der Seehoferschen „Asylwende“ in aller Öffentlichkeit demonstriert. Sie haben ihn noch dazu gezwungen, sich nun mit der Umsetzung des Einwanderungsgesetzes zu beschäftigen – einem Gesetz, das dem Bayern überhaupt nicht schmeckt und das er am liebsten in Vergessenheit geraten lassen hätte.
Ob die CSU am Wahlsonntag im Oktober noch immer so zufrieden sein wird mit ihrem Vorsitzenden in Berlin? Dem Tiger, der nun als träger Kater gelandet ist.
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