Kritik an Unabhängiger Patientenberatung: Höhere Kosten, geringere Qualität
Seit Anfang 2016 wird die Unabhängige Patientenberatung von einer Privatfirma organisiert. Aus Sicht der Linkspartei hat sich dadurch für Ratsuchende vieles verschlechtert.
Der Konflikt um die Unabhängige Patientenberatung (UPD) schwelt weiter. Seit der umstrittenen Vergabe an einen privaten Dienstleister zum Jahr 2016 sei die Zahl der kostenfreien Beratungen insgesamt zwar um 16,6 Prozent gestiegen, räumte die Linken-Abgeordnete Kathrin Vogler ein. Allerdings sei dies angesichts einer Erhöhung der Fördermittel um 55 Prozent eher bescheiden. Und die Beratungsqualität habe sich für ratsuchende Patienten nicht etwa verbessert, sondern verschlechtert.
Zahl der Beschwerden immens gestiegen
„Die von der Bundesregierung immer behauptete schnellere Erreichbarkeit bei der neuen UPD ist ein Märchen“, sagte Vogler dem Tagesspiegel. Die meisten Ratsuchenden landeten jetzt erst mal bei Callcenter-Mitarbeitern ohne Fachkompetenz. „Auf den Rückruf eines Fachberaters muss man dann oft sehr lange warten.“ Der Anteil an persönlicher Vor-Ort-Beratung sei von 14 auf 3,7 Prozent gesunken. Vom neuen Betreiber seien „viel zu wenige Planstellen vorgesehen, um die Beratungsstellen ausreichend besetzen zu können“. Auffällig sei auch dass die Zahl der Beratungen zu Patientenrechten und Behandlungsfehlern „drastisch eingebrochen“ sei. Gleichzeitig habe sich die Zahl der Beschwerden über schlechte Beratung immens erhöht – von 18 im Jahr 2015 auf 559 in 2016.
Die Bundesregierung dagegen behauptet in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken, die UPD habe „seit 2016 eine ausgesprochen positive Entwicklung durchlaufen“. Die Zahl der Beratungen sei „deutlich gesteigert“ worden, schreibt Gesundheits-Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz. Für das Zustandekommen eines Beratungskontaktes benötigten die Anrufer im Schnitt jetzt nur noch 1,1 Anrufversuche. Vorher seien es 3,3 gewesen. Ansonsten sei vieles nicht miteinander vergleichbar – unter anderem, weil man dem neuen Anbieter für den schrittweisen Aufbau des Beratungsbetriebes einen Übergangszeitraum von sechs Monaten gewährt habe.
Mit Krankenkassen und Pharmaindustrie verbandelt
Tatsächlich war die Entscheidung, die jedem Patienten zustehende kostenfreie Beratung dem Duisburger Unternehmen Sanvartis zu übertragen, vielen Gesundheitsexperten und Patientenschützern nicht geheuer. Schließlich hatte der Auftragnehmer sein Geld bisher mit Callcentern für Krankenversicherer und Pharmaindustrie verdient. Könne, so fragten die Kritiker, ein derart mit dem System verbandeltes Unternehmen quasi im Nebenjob Patienten neutral informieren, sie im Konflikt gar gegen ihre andere Kundschaft unterstützen? Wäre diese Anlaufstelle mit Blick darauf nicht viel besser bei den bisherigen Betreibern aufgehoben, also bei Verbraucherzentralen, Sozialverband und gemeinnützigen Trägervereinen?
Um den Zuschlag zu erhalten, musste Sanvartis dann immerhin eine Tochterfirma ausgründen, die keinen Profit erwirtschaften darf. Diese erhält für ihre Beratungsarbeit nun sieben Jahre lang jeweils neun Millionen Euro – aus Mitteln der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung.
Keine Regierungsangaben über Finanztransfers
Bei der Frage, welcher Anteil davon über den Umweg der Finanzierung von Hardware, Software, Datenbanken und Qualitätssicherungsinstrumenten am Ende doch an die Mutterfirma fließt, mauert die Staatssekretärin jedoch. Zur Begründung verweist sie auf Geschäftsgeheimnisse. Allerdings wisse die Bundesregierung wisse über diesen Finanztransfer genau Bescheid, ärgert sich Vogler. Wenn es stimme, dass ein Sechstel der Fördermittel – also jährlich 1,5 Millionen Euro – an die Mutterfirma gingen, lasse sie das hellhörig werden. Vollständige Transparenz sei hier unverzichtbar.