Klausur der großen Koalition: Hoffen auf den Zauber von Meseberg
Der Start der großen Koalition war holprig. Nach viel Streit begibt sich das Kabinett nun in Klausur ins Schloss Meseberg. Es geht auch darum, wieder Vertrauen zwischen den Partnern zu schaffen.
Für Theodor Fontane, den Dichter der Mark, war der barocke Bau ein „Zauberschloss“ – und vielleicht strahlt der Geist des Ortes ja auch auf die Ministerinnen und Minister des Kabinetts Merkel aus, die sich am Dienstag und Mittwoch im heutigen Gästehaus der Bundesregierung in Klausur begeben. Schaden würde es jedenfalls nicht.
Denn dem Anfang der dritten großen Koalition unter Merkels Führung wohnt bislang kein Zauber inne, im Gegenteil. Seit fast vier Wochen machen die Koalitionäre vor allem mit Streitereien von sich reden. Das kann Folgen haben, wie der Fehlstart der schwarz-gelben Dauerstreitkoalition im Herbst 2009 gezeigt hat.
Gehört der Islam zu Deutschland oder nicht? Werden Hartz IV-Empfänger angemessen versorgt oder sind sie arm? Gilt überall in Deutschland noch Recht und Ordnung? Wie restriktiv wird die Koalitionsvereinbarung zum Familiennachzug für Bürgerkriegsflüchtlinge ausgelegt? Das sind die Fragen, die diese Koalition spalten, bevor sie überhaupt so richtig mit der Arbeit begonnen hat.
Merkel und Scholz kann das Klima nicht gefallen
Kanzlerin Angela Merkel und ihrem Vizekanzler Olaf Scholz kann das nicht gefallen. Beim Treffen in Schloss Meseberg wollen sie nicht nur das Arbeitsprogramm der Regierung für dieses Jahr festlegen – oben auf der Tagesordnung stehen Arbeitsmarkt und Soziales sowie die Außen- und Sicherheitspolitik; als Gäste kommen Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer, DGB-Chef Reiner Hoffmann, EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Es geht für Merkel und Scholz auch darum, die Basis für erfolgreiches Regieren zu schaffen: Vertrauen unter den Partnern.
Die SPD sieht dabei vor allem die Kanzlerin in der Pflicht. Die Sozialdemokraten stoßen sich an Innenminister Horst Seehofer (CSU) und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), die mit Interviews zu Hartz, Islam und innerer Sicherheit die Debatte dominierten.
Nun verlangen die Genossen ein Machtwort von Merkel. Am Wochenende machte Fraktionschefin Andrea Nahles den Anfang, jetzt legt SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil nach: „Es wäre gut, wenn sich die Unions-Minister endlich auf ihre Arbeit konzentrieren, statt sich in Überschriften zu überbieten“, sagte Klingbeil dem Tagesspiegel: „Dafür muss Angela Merkel jetzt sorgen.“
Große Baustellen sind die Bereiche Gesundheit und Pflege
Gerade im Bereich Gesundheit und Pflege gebe es viel zu tun. „Das darf nicht liegen bleiben, weil der zuständige Minister seine Energie lieber auf die innerparteiliche Profilierung verwendet.“
Gut regieren, ohne das Parteiprofil zu verwässern – das ist die Herausforderung, vor der Merkel und auch Scholz stehen. Denn nicht nur in der Union, auch bei den Sozialdemokraten ist die Sehnsucht groß, Eigenständigkeit unter Beweis zu stellen. Geht es nach den Parteien, dann soll diese große Koalition für lange Zeit die letzte sein. Vielleicht ist es ja einfach so, dass diesem Anfang schon das Ende innewohnen muss. Dann könnte selbst der zauberhafte Geist von Meseberg nicht helfen.