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Das Alter sollte nicht von Sorgen um die Rente bestimmt sein.
© Julian Stratenschulte/dpa

Gesetzentwurf des Sozialministers: Heils Rentenpaket soll neues Vertrauen schaffen

Sichere Altersversorgung ohne die Generationen gegeneinander auszuspielen - das ist das erklärte Ziel von Bundessozialminister Hubertus Heil. Die Rente sei "ein Kernversprechen".

Sozialminister Hubertus Heil will mit einem Rentenpaket neues Vertrauen in die Alterssicherung schaffen. Die Rente sei „ein Kernversprechen unseres Sozialstaates“, sagte der SPD-Politiker am Freitag bei der Vorlage seines Gesetzentwurfs. „Mir ist wichtig, dass dieses Kernversprechen verlässlich erneuert wird.“ Die Generationen dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Was sieht das Rentenpaket vor und was kostet es?

Ein wichtiger Bestandteil des Pakets ist die sogenannte doppelte Haltelinie für Rentenniveau und Beitragssatz. Hierfür hatte die SPD sich schon im Wahlkampf stark gemacht. Die CSU wiederum hat durchgesetzt, dass die Anrechnung von Kindererziehungszeiten („Mütterrente“) noch einmal ausgeweitet wird. Weitere Punkte sind Verbesserungen für Erwerbsminderungsrentner sowie Entlastungen von Geringverdienern bei den Sozialabgaben. Insgesamt kostet das Rentenpaket bis 2025 rund 32 Milliarden Euro. Etwa zwei Drittel dieser Summe sollen die Beitragszahler aufbringen, ein Drittel wird nach den Plänen des Sozialministeriums aus Steuergeldern bezahlt. Nach der Abstimmung innerhalb der Bundesregierung soll der Gesetzentwurf nach der Sommerpause ins parlamentarische Verfahren gehen. Anfang 2019 soll es in Kraft treten, kündigte Heil an.

Wenn im Land 450-Euro-Jobs die Regel sind und auch sonst nur Mindestlohn gezahlt wird, dann ist es unumgänglich, dass dieses System kippt. Das Rentensystem wurde eingeführt, als man ca. 40 Jahre gearbeitet und auch Geld verdient hat.

schreibt NutzerIn Tom54

Was plant die große Koalition beim Rentenniveau und beim Beitragssatz?

Die doppelte Haltelinie soll dafür sorgen, dass das Rentenniveau bis zum Jahr 2025 nicht unter 48 Prozent des Durchschnittslohns sinkt. Umgekehrt soll der Rentenbeitrag im selben Zeitraum nicht über 20Prozent steigen. Dadurch sollten Rentner und Beitragszahler vor Überforderung geschützt werden, sagte Sozialminister Heil. Derzeit liegt das Sicherungsniveau bei 48,1 Prozent. Ohne einen Eingriff des Gesetzgebers würde es im Jahr 2025 erstmals unter die 48-Prozentmarke rutschen – zumindest nach den aktuellen Prognosen.

Zur Finanzierung will Heil einerseits einen „Demographiefonds“ im Haushalt einrichten. Bis 2025 sollen hier acht Milliarden Euro angespart werden. Außerdem soll der Bundeszuschuss an die Rentenkassen weiter steigen. Derzeit beträgt dieser rund 93 Milliarden Euro.

Die SPD hat die Sorge, dass durch ein Sinken des Rentenniveaus auf Dauer das Vertrauen der Bevölkerung in die gesetzliche Rente erschüttert werde. Flankiert durch eine groß angelegte Kampagne des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) warben die Sozialdemokraten deshalb im Wahlkampf dafür, langfristig beim heutigen Niveau zu bleiben. Die bisherigen gesetzlichen Regelungen hätten es zugelassen, dass das Rentenniveau bis 2030 auf 43 Prozent absinken darf.

Doch die Union wollte sich in den Koalitionsverhandlungen noch nicht auf eine konkrete Marke einlassen, die auch langfristig gelten soll. Als Kompromiss verständigten sich die Partner darauf, das Niveau zumindest bis 2025 zu stabilisieren. Für die Zeit danach soll eine Rentenkommission Vorschläge machen. Sie hat insofern die schwierigere Aufgabe zu lösen, als sich der demografische Wandel erst in den Jahren nach 2025 richtig bemerkbar macht, dann geht die Generation der Babyboomer in Rente.

Kritiker wenden ein, dass das gesetzliche Rentenniveau über die Absicherung des Einzelnen nicht wirklich viel aussage. Das Rentenniveau setzt den Betrag, den ein „Standardrentner“ nach 45 Beitragsjahren erhält, ins Verhältnis zum Durchschnittseinkommen der arbeitenden Bevölkerung. Das Problem ist allerdings, dass dieser Standardrentner längst nicht mehr der Standard ist.

Wer profitiert von den Verbesserungen bei der Mütterrente?

Schon in der letzten großen Koalition hatte die CSU dafür gesorgt, dass Mütter bei den Rentenanwartschaften bessergestellt werden. Drei Jahre Kindererziehungszeit bekam man bis dahin nur angerechnet, wenn man seine Kinder nach 1992 bekommen hatte. Eine Ungerechtigkeit gegenüber Eltern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, fand die CSU. Seit Juli 2014 werden deshalb zwei Jahre Kindererziehungszeiten für die vor 1992 geborenen Kinder berücksichtigt, davor war es lediglich ein Jahr. Auch wenn meistens von der „Mütterrente“ die Rede ist, können auch Väter von dieser Leistung profitieren – nämlich dann, wenn sie diejenigen sind, die sich die Kindererziehungszeiten auf ihrem Rentenkonto gutschreiben lassen.

Nun soll die Regelung noch einmal ausgeweitet werden – vor allem auf Wunsch der CSU. Im Koalitionsvertrag ist vorgesehen, dass es ein weiteres Jahr geben soll für Eltern mit drei oder mehr Kindern, dann wären auch hier die drei Jahre erreicht, die für die nach 1992 geborenen Kinder gelten. Davon könnten etwa drei Millionen Mütter und Väter profitieren, sagte Heil. Der Sozialminister stellte allerdings am Freitag eine weitere Variante vor. Demnach wäre es auch möglich, die Leistungen für alle Mütter und Väter auszuweiten, unabhängig von der Kinderzahl. Dann wäre aber nur ein halber Beitragspunkt beziehungsweise ein halbes Jahr zusätzlich möglich. In den Regierungsfraktionen habe er hierzu Gesprächsbedarf festgestellt, sagte Heil. „Beide Varianten müssen nun im parlamentarischen Verfahren abgewogen werden“, sagte der SPD-Minister.

Die Ausweitung der Mütterrente ist der teuerste Teil des Rentenpakets. Das Ministerium veranschlagt die Kosten auf jährlich 3,7 Milliarden Euro. Bis 2025 sind es rund 26 Milliarden Euro, die aus Beitragsgeldern aufgebracht werden sollen. Die Rentenversicherung forderte eine „sachgerechte“ Finanzierung aus Steuermitteln. Die erweiterte Anrechnung von Kindererziehungszeiten sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und dürfe nicht allein den Beitragszahlern aufgebürdet werden.

Wie sieht die Neuregelung der Erwerbsminderungsrente aus?

Wer aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in Rente gehen muss, kann eine Erwerbsminderungsrente beantragen. Diese Menschen sind überdurchschnittlich oft von Armut betroffen. Im Jahr 2016 waren 14,7 Prozent der Personen, die wegen Krankheit in Frührente mussten, auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen. Bei Altersrentnern lag der Anteil nur bei 2,6 Prozent. Deshalb drängen Sozialpolitiker schon lange darauf, etwas für diese Personengruppe zu tun.

Künftig sollen Erwerbsminderungsrentner so behandelt werden, als wenn sie bis zum aktuellen Rentenalter gearbeitet hätten. Bisher wird bei der Berechnung der Rente davon ausgegangen, dass jemand bis zum 62. Lebensjahr plus drei Monate gearbeitet hat. Die sogenannten Zurechnungszeiten sollen in einem ersten Schritt auf 65 Jahre und dann bis 2031 schrittweise auf 67 Jahre angehoben werden. Davon profitieren allerdings nur künftige Bezieher einer Erwerbsminderungsrente – Heils Angaben zufolge werden es 170 000 Personen sein. Anfangs kosten die geplanten Verbesserungen 100 Millionen Euro, bis 2025 wachsen die Ausgaben auf eine Milliarde Euro.

Was ist für Geringverdiener geplant?

Für Menschen mit einem geringen Einkommen sieht der Gesetzentwurf finanzielle Entlastungen bei den Sozialabgaben vor. Bislang müssen ab einem Monatseinkommen von 850 Euro die vollen Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden. Hier sollen künftig 1300 Euro gelten – ohne dass sich deshalb die späteren Rentenanwartschaften verringern. Davon sollen drei Millionen Menschen profitieren. Wer ein Monatseinkommen von 850 Euro hat, wird künftig 270 Euro mehr pro Jahr in der Tasche haben, rechnete Heil vor.

Was bleibt offen?

Noch nicht geklärt haben SPD und Union, wie die gesetzliche Rentenversicherung für die Zeit nach 2025 aufgestellt werden soll. Mit dieser Frage soll sich die Rentenkommission beschäftigen, die bis zum Frühjahr 2020 eine Empfehlung für einen „verlässlichen Generationenvertrag“ abgeben soll. Das sei „keine leichte Aufgabe“, sagte Sozialminister Heil. Er habe aber den Ehrgeiz, in dieser Legislatur ein weiteres Rentenpaket auf den Weg zu bringen.

Hinzu kommen zwei andere Vorhaben, für die Heil im nächsten Jahr Gesetzentwürfe vorlegen will. Zum einen plant die Koalition eine Grundrente für Menschen, die lange gearbeitet haben (35 Beitragsjahre, inklusive Kindererziehungs- und Pflegezeiten). Diese soll zehn Prozent über dem Grundsicherungsniveau liegen. Außerdem soll eine Altersvorsorgepflicht für Selbstständige eingeführt werden, die noch nicht anderweitig obligatorisch abgesichert sind.

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