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Emmanuel Macron bei seiner Neujahrsrede besänftigt hat sie die Franzosen nicht. .
© Martin BUREAU / AFP

Gewerkschaft ruft zu neuen Streiks in Frankreich auf: Heftige Kritik nach Macrons Silvesterrede

Nach wochenlangem Streik gegen die Rentenreform setzten viele Franzosen große Hoffnungen in die Silvesterrede ihres Präsidenten. Doch die wurden enttäuscht.

Im Stehen, ohne sich viel zu bewegen, blickte Präsident Emmanuel Marcon sehr ernsthaft bei seiner Silvesterrede in die Kamera. Spontan und festlich wirkte diese nicht, eher als habe er jedes Wort abgelesen. Viele hatten große Erwartungen in die Rede gesetzt und Zugeständnisse zur Rentenreform erwartet.

Denn seit dem 5. Dezember ist das Land durch Streiks lahmgelegt. Die dürften nun weitergehen, Macron hat die Streikenden enttäuscht.

Der Präsident hatte sich während der Streiks sehr zurückgehalten und schickte Premierminister Edouard Philippe für die Verhandlungen vor. Nur einmal schaltete er sich von einem Afrikabesuch vor Weihnachten ein und bat um einen „Waffenruhe“ bei den Streiks zu den Festtagen. Doch niemand erhörte ihn.

Es wurde deshalb erwartet, dass er zu Silvester die Franzosen beruhigt. Doch die wichtigste Botschaft der 17 Minuten langen Rede: „Die Rentenreform wird weiter verfolgt.“ Er verteidigte sein Projekt, er wolle „das Land verwandeln, stärker und gerechter machen.“

Macron wirbt für seine Politik

Macron zeichnete ein Bild von Frankreich, in dem die Arbeitslosigkeit zurückgeht und die Wirtschaft besser läuft. Deshalb dürfe man vor weiteren Reformen nicht zurückschrecken. Um das Ganze abzurunden, ging er auch noch kurz auf Umweltschutz ein. Immer wieder beschwor er die „Einheit der Nation“.

Beruhigend wirkte die Rede keinesfalls, wie die heftigen Kritiken zeigen. Macron wird von vielen Kritikern als „selbstherrlich“ und „arrogant“ bezeichnet.

  • Besonders harsch auf den Punkt brachte es der Linke Jean-Luc Mélenchon: „Das sind keine Neujahrswünsche, sondern eine Kriegserklärung an die Millionen Franzosen, die seine Reform ablehnen. Ein Außerirdischer hat gesprochen.“
  • Der konservative Abgeordnete Eric Ciotti sieht Macrons Rede als „emotionslos“ und „ohne Perspektive“.
  • Der Generalsekretär der französischen Grünen Julien Bayou beschimpfte Macron als „billigen Abklatsch von Sarkozy“. Ex-Präsident Nicolas Sarkozy fuhr einen harten rechten Kurs, Macron galt dagegen bisher immer eher als Liberaler.
  • Die rechtsextreme Marine Le Pen hatte nur einen kurzen vernichtenden Kommentar: „Mal wieder – gar nichts.“
  • Die Gewerkschaft CGT rief zu neuen Streiks gegen das Projekt von Präsident Emmanuel Macron auf. „Ich sehe keine neuen Position der Regierung. Das Alarm-Signal muss lauter werden. Wir brauchen überall Streiks“, sagte CGT-Chef Philippe Martinez dem Sender BMF.

Für Macron ist es der zweite Winter der sozialen Proteste. Im vergangenen Jahr war er nach den gewalttätigen Demonstrationen der „Gelbwesten“ zurückgerudert, er machte massive Zugeständnisse und nahm die geplante Kraftstoffsteuer zurück.

Diesmal verhält er sich völlig anders, bleibt hart und unnachgiebig. Und das ist Strategie. Die Rentenreform ist die wichtigste Reform seiner Amtszeit, er hatte sie schon im Präsidentschaftswahlkampf angekündigt. Sie würde das Land grundlegend reformieren.

Macron bleibt hart

Macron will ein System einführen, bei dem man durch Einzahlungen in die Rentenkasse Punkte erwirbt. Erst mit 64 Jahren soll es in Zukunft volle Rente geben, nicht mehr bereits mit 62 Jahren wie bisher, wenn die für die Rente erforderliche Jahre voll sind. Sollte Macron wackeln, wäre sein Ruf als Reformer zerstört.

Ohnehin gilt Frankreich als Land, in dem sozialpolitische Veränderungen immer auf heftigen Widerstand stoßen. Seit Jahrzehnten wagte sich niemand an große Reformen. Ex-Premierminister Alain Juppé hatte 1995 ebenfalls versucht, das Rentensystem zu reformieren. Doch nach drei Wochen langen Streiks musste er sein Projekt zurückziehen. Die derzeitigen Streiks dauern bereits länger.

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