Kritik des Bundesrechnungshofs: Haushaltskontrolleure halten Diesel-Steuerprivileg für überflüssig
Der Bundesrechnungshof mahnt den Abbau von Steuersubventionen an. Und fordert die Bundesministerien auf, bei IT-Großprojekten und Fördermitteln besser zu kontrollieren.
Bundesrechnungshofpräsident Kay Scheller hat der kommenden Bundesregierung eine Aufgabe ins Stammbuch geschrieben: Sie müsse den Bundeshaushalt auf kommende Herausforderungen vorbereiten. Dazu müsse der Etat weiterhin nachhaltig konsolidiert werden. Aus der Sicht Schellers ist dabei vor allem eine „kritische Überprüfung aller Steuersubventionen und Steuervergünstigungen geboten, um notwendige finanzielle Spielräume zu schaffen“. Zwar nannte Scheller am Dienstag bei der Vorstellung des Dezember-Bericht seiner Behörde keine konkreten Zahlen. Abbauen ließen sich aber vor allem Subventionen bei den Strom- und Energiesteuern. Scheller hält auch den niedrigeren Steuersatz bei Dieselkraftstoff für wirtschaftlich wie ökologisch fragwürdig. Freilich hatten sich die schon die „Jamaika-Sondierer“ nicht darauf einigen können, die Diesel-Vergünstigung anzugehen. Dass Union und SPD sich nun darauf verständigen, gilt als wenig wahrscheinlich. Scheller warf der alten großen Koalition vor, dass sie ihre subventionspolitischen Leitlinien „leider nicht in Angriff genommen hat“. Dass der ermäßigte Satz bei der Mehrwertsteuer – sieben statt 19 Prozent – zum Reformobjekt wird, mahnt der Bundesrechnungshof seit Jahren an. Aber auch hier wird sich nichts tun, wenn man Stimmen in der geschäftsführenden Bundesregierung glaubt, die darauf verweisen, dass der bislang letzte Versuch, hier etwas zu ändern, wegen der vielfältigen Interessenwirrnis im Sand verlaufen ist.
Seit Jahren verweist der Bundesrechnungshof auch darauf, dass der Bund in wachsendem Maß Aufgaben von Ländern und Kommunen mitfinanziert. Zwar wurde hier im Rahmen des umfangreichen Bund-Länder-Finanzpakets im Sommer ein lang gehegter Wunsch der obersten Kontrollbehörde erfüllt– sie darf jetzt auch auf den anderen staatlichen Ebenen prüfen, wenn Bundesmittel dorthin fließen. Doch Scheller sieht es weiterhin kritisch, dass es durch diese Mischfinanzierungen und Beteiligungen „zu einer Verflechtung von Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Finanzierungszuständigkeiten“ führe, „die seitens des Bundes nur mit Schwierigkeiten gesteuert und geprüft werden können.“
In der Einzelkritik
In der Einzelkritik stehen zwei Ministerien, weil sie Geld verschludert haben in einem Bereich, den schon die „Jamaikaner“ wie nun auch die sich findende nächste schwarz-rote Koalition als großes Zukunftsprojekt ausgemacht haben: Digitalisierung und Investitionen in IT-Großprojekte. Das Bundesinnenministerium (BMI), schon zuvor mit Rechnungshofkritik wegen Missmanagements seines Großprojekts „Netze des Bundes“ bedacht, wird nun gerügt, weil es die in diesem Zusammenhang beauftragten Berater zu wenig steuert und kontrolliert. Da das Ministerium für seine IT-Projekte in den Jahren bis 2022 insgesamt 230 Millionen für externe Berater ausgeben will, mahnt der Rechnungshof hier mehr Sorgfalt an. Sein Fazit: „Die Beratertätigkeiten plante das BMI nur grob.“ Und: „Ob die von den Beratern erbrachte Leistung angemessen war, blieb vielfach offen.“ Ähnlich harsch ist die Kritik am Bundesfinanzministerium, das es zuließ, dass die Kosten für die Einführung einer IT-Plattform bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder aus dem Ruder liefen – 115 Millionen Euro statt der veranschlagten 30 Millionen.
Ausgaben, aber keine Auslastung
Ungut aus Sicht des Rechnungshofes ist auch, dass die Bundesagentur für Arbeit zwischen 2013 und 2015 insgesamt fast 426 Millionen Euro in berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen investierte, von denen aber 55 Millionen Euro wegen schwacher Auslastung zu viel gezahlt wurden - weil gar nicht genügend junge Menschen bei den Bildungsträgern erschienen, um alle Plätze zu füllen. Die Bundeswehr wiederum arbeitet unwirtschaftlich bei der Vergabe der Kraftstoffversorgung der Marine und bei der Beschaffung von Transportcontainern, bei denen sich herausstellte, dass sie gar nicht gebracht werden. Ganz grundsätzlich wird der Rechnungshof im Fall des Bundesbildungsministeriums, das seit Jahren immer mehr Geld zur Verfügung hat, offenbar aber nur einen eingeschränkten Überblick hat, ob die jährlich mehr als vier Milliarden Euro für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen auch wirtschaftlich und entsprechend dem Zweck verwendet werden. Auch das Ressort von Noch-Ministerin Johanna Wanka (CDU) verlässt sich hier nach den Erkenntnissen der Kontrolleure zu sehr auf „pauschale und wenig aussagekräftige Bewertungen“ von Wirtschaftsprüfern.
Der Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler unterstützte die Kritik des Rechnungshofs und sagte: "Ich erwarte, dass eine neue Regierung sich auch an die Strukturen des Haushalts herantraut. Vor allem im Bereich der umwelt- und klimaschädlichen Subventionen gibt es viel zu tun." Umwelt- und klimaschädliches Verhalten werde vom Staat mit 54 Milliarden Euro subventioniert. "Davon können zwölf Milliarden schnell abgebaut werden. Vor allem die Subventionierung des dreckigen Diesels muss ein Ende haben. Aber auch Plastiktüten und schwere Dienstwagen dürfen nicht länger subventioniert werden."
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