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Afghanistans Präsident Ashraf Ghani sprach in Berlin Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
© REUTERS

Präsident Ghani in Berlin: Hausaufgaben für Afghanistan

Afghanistans Präsident besucht Deutschland. Seine Gesprächspartner wollen vor allem wissen, wie er seine Landsleute davon abhalten will, nach Europa zu fliehen.

Das deutsche Außenministerium hat in Afghanistans Hauptstadt Kabul kürzlich große Plakate aufhängen lassen. In den lokalen Sprachen Dari und Paschtu heißt es darauf: „Afghanistan verlassen? Sind Sie sicher?“ und „Afghanistan verlassen? Haben Sie das gut durchdacht?“ Es wird auf ein Informationsportal (www.rumoursaboutgermany.info) verwiesen, das über das deutsche Asylverfahren aufklärt. Denn in Afghanistan kursieren viele Gerüchte über das Leben in Deutschland. Flüchtlinge erhielten viel Geld, große Wohnungen und Arbeit, heißt es. Nach Angaben des afghanischen Innenministeriums sollen in diesem Jahr insgesamt mehr als 100 000 Bürger das Land verlassen haben. In Deutschland stellen Afghanen inzwischen hinter Syrern die zweitstärkste Gruppe von Flüchtlingen. Die wohl von Schleppern gestreuten Gerüchte allein dürften dafür aber nicht verantwortlich sein. Eher schon die von vielen Afghanen als hoffnungslos betrachtete Lage in ihrem Land selbst. Der Terror der Taliban und neuerdings auch des „Islamischen Staats“ nimmt stetig zu, die Wirtschaft entwickelt sich trotz Milliardenhilfen aus dem Ausland nicht, und die Politik tritt auf der Stelle.

Ghani sieht keinen Exodus

Afghanistans Präsident Ashraf Ghani, der in diesen Tagen in Berlin weilt, will dennoch nicht von einem „Exodus“ sprechen. „Es gibt mehr als 30 Millionen Afghanen, die bleiben wollen und sehr wohl Perspektiven sehen“, sagte Ghani am Donnerstag bei einer Veranstaltung der Körber-Stiftung. Er rief die internationale Gemeinschaft auf, Schlepperbanden gemeinsam zu bekämpfen. „Es handelt sich um globale Netzwerke, die nur global bekämpft werden können.“ Die schlechte Sicherheitslage in seinem Land leugnete der Präsident nicht. Er wies aber darauf hin, dass die afghanischen Sicherheitskräfte erst vor knapp einem Jahr die Verantwortung für den Kampf gegen die Taliban von der Nato übernommen hätten. „Und kaum jemand hat uns zugetraut, das wir in der Lage sind, die Oberhand zu behalten.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Ghani am Mittwoch aufgefordert, die Friedensgespräche mit den Taliban voranzubringen. Bei der Körber-Stiftung sagte der jedoch, handeln müsse vor allem Pakistan. „Denn von dort kommen die Taliban.“ Auch der neue Talibanführer, Mullah Mansur, soll sich in Pakistan aufhalten. Am Donnerstag wurde er dort offenbar bei internen Auseinandersetzungen schwer verletzt, wie die Taliban bestätigten. Aus pakistanischen Regierungskreisen verlautete sogar, er sei getötet worden. Das Afghan Analysts Network (AAN) sieht die Taliban vor einer Bewährungsprobe. Geschwächt seien sie aber nicht, schreibt AAN-Autor Borhan Osman in einer Analyse. „Auch wenn die Risse das Bild von der Einheit der Taliban zerstört haben, sind sie doch nicht so tief, dass sie eine existenzielle Bedrohung für die Bewegung darstellen.“

Schutzzonen sind kein Thema

Merkel hatte sich auch für sogenannte Schutzzonen in Afghanistan ausgesprochen. Es gebe Gebiete in Afghanistan, „die eine hohe und ausreichende Sicherheit haben“. Dort müsse Flüchtlingen aus anderen Landesteilen durch die Schaffung von Wohnraum und Ausbildungsmöglichkeiten eine „Lebensperspektive“ geboten werden. Ghani kommentierte das nicht, kündigte aber ein Wohnungsbauprogramm an.

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