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Wahlgang: Ex-Premierminister Manuel Valls hat sich in der Vorwahl der Sozialisten durchgesetzt.
© Reuters

Präsidentschaftsvorwahl bei Frankreichs Sozialisten: Hamon und Valls setzen sich durch

Frankreichs Sozialisten gehen mit Benoît Hamon und Manuel Valls in ihre Stichwahl für die Präsidentschaftskandidatur. Doch der Sieger dürfte bei der Präsidentschaftswahl kaum eine Chance haben.

Von einer „Wahl der Chancenlosen“ ist in französischen Medien die Rede, wenn es um die Vorwahlen für den sozialistischen Präsidentschaftskandidaten geht. Denn egal ob nun der frühere Bildungsminister Benoît Hamon oder der ehemalige Premier Manuel Valls am kommenden Sonntag aus der Stichwahl als Sieger hervorgeht, er kann laut Umfragen im ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahl am 23. April mit kaum mehr als zehn Prozent rechnen. Das würde nicht für die Stichwahl am 7. Mai reichen.

François Hollande hat seine Partei nach seiner fünfjährigen Amtszeit in einem desolaten Zustand zurückgelassen. Mit seiner Entscheidung, für die nächste Präsidentschaftswahl nicht mehr anzutreten, ließ er sich zudem lange Zeit. Nun muss ein Nachfolger für ihn gefunden werden, der die Sozialisten anführt und auch die linke Mitte eint. Kein leichtes Unterfangen. Zum ersten Wahlgang am Sonntag waren insgesamt sieben Kandidaten angetreten, Hamon (36 Prozent) und Valls (31 Prozent) haben nach Auszählung eines Drittels der Stimmen die größte Unterstützung erhalten und werden daher am 29. Januar in die Stichwahl gehen.

Vor der Wahl waren der Ex-Premierminister Manuel Valls und der ehemalige Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg, der von Hollande und Valls aus dem Amt gedrängt wurde, als aussichtsreichste Kandidaten genannt worden. Montebourg steht für den linken Rand und propagierte immer wirtschaftlichen Patriotismus. Die Arbeitsmarktreform von Hollande, die den Unternehmen etwas mehr Freiheit verschafft hat, will er zurücknehmen. Doch der ehemalige Wirtschaftsminister erhielt nur rund 18 Prozent der Stimmen und kündigte bereits an, in der Stichwahl Ex-Bildungsminister Benoît Hamon zu unterstützen, der ebenfalls dem linken Lager angehört.

Den rechten Flügel der Sozialisten deckt Valls ab, der Anfang Dezember als Premierminister zurücktrat, um in den Wahlkampf zu ziehen. Seitdem wendet er sich von der Regierung ab, denn eine Allianz mit dem unbeliebten Hollande kann nur schaden. Valls betont, dass er vieles nur auf Hollandes Anordnung durchgezogen habe, so richtig glaubt ihm das aber niemand. Die französischen Sozialisten vertreten bei Wirtschaft und Arbeitsmarkt in der Regel viel radikalere Positionen als etwa Deutschlands Sozialdemokraten. Sie sind weiter links angesiedelt.

Außerdem hatte sich noch Vincent Peillon zur Wahl gestellt, der Vorgänger im Amt von Hamon. Er scheiterte allerdings ebenso in der Vorwahl wie der Grüne François de Rugy, Sylvia Pinel von der Radikalen Linkspartei und Jean-Luc Bennahmias von der Demokratischen Front. Ihnen allen waren im Vorfeld auch kaum Chancen zugebilligt worden.

Emmanuel Macron geht mit seiner eigenen politischen Organisation "En Marche" ins Rennen

Kompliziert für die linke Wählerschaft in Frankreich ist allerdings, dass sich zwei weitere Kandidaten nicht an der Vorwahl der Sozialisten beteiligen wollten. Der ehemalige Wirtschaftsminister Emmanuel Macron geht mit seiner eigenen politischen Organisation „En Marche“ ins Rennen und gilt als großer Hoffnungsträger. Der erst 39-jährige Newcomer steht für eine sozialliberale Politik, setzt sich für ein starkes Europa ein und ist politisch weiter zur Mitte hin angesiedelt. Wurde er anfangs als „schnell verglühender Komet“ bezeichnet, konnte er sich in den Umfragen zuletzt immer als der dritte Mann hinter Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National und dem Republikaner François Fillon behaupten. Seine Wahlkampfveranstaltungen sind bestens besucht. Macron hat stark im Lager der Sozialisten gewildert, er muss aber auch noch Stimmen von Le Pen und den Konservativen erobern. Denn eines gilt in Frankreich seit längerer Zeit als so gut wie sicher: Le Pen ist für die Stichwahl am 7. Mai gut aufgestellt.

Der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon, der ebenso wie Macron als unabhängiger Kandidat antritt, ist im Gegensatz zu diesem eher Europaskeptiker und kein Deutschlandfreund. Sowohl für ihn als auch für Macron ist die Wahl der Sozialisten ausschlaggebend. Sollte sich vom linken Rand Benoît Hamon als Kandidat durchsetzen, wäre es für Mélenchon schwerer, diese Wählerschicht hinter sich zu sammeln.

Umgekehrt wird es für Macron schwerer, wenn sich Manuel Valls durchsetzen würde, weil der wie er selbst auch weiter zur Mitte hin angesiedelt ist. Macron könnte sich freuen, wenn Hamon gewinnen würde, im Vergleich mit diesen beiden klingt sein Programm bodenständig und realistisch. Schon jetzt, so heißt es, liebäugeln zahlreiche Sozialisten damit, zum aussichtsreichen Macron überzulaufen. Mit Ségolène Royal jedenfalls, der Ex-Lebenspartnerin von François Hollande, die inoffiziell als eine der wichtigsten Präsidenten-Beraterinnen gilt, pflegt er schon eifrig Kontakt.

Mélenchon, selbst ehemaliger Sozialist, erklärte die Bewegung der Sozialisten im Wahlkampf schon für „tot“. Auch wenn das reichlich vernichtend klingt, ganz Unrecht hat er nicht mit seiner Einschätzung. Denn die Sozialisten wurden zwischen den verschiedenen Strömungen innerhalb der Partei – zwischen rechts und links – zerrieben. Hollande und Valls haben Gesetze wie das umstrittene Arbeitsgesetz mit einer Sonderregelung durchs Parlament geboxt, um die Abstimmung zu umgehen. Auch in der eigenen Partei gab es für viele Reformen keine ausreichende Mehrheit. Der Kampf um Reformen hat die Partei zerrissen, so dass der Sieger ihrer Vorwahl bei den Präsidentschaftswahlen im Frühjahr eigentlich nur zu den Verlierern gehören kann.

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