Tödlicher toter Winkel: Hamburg stattet alle Landes-Lkw mit Abbiegeassistenten aus
Regelmäßig sterben Menschen, weil rechtsabbiegende Lkw sie überrollen. Ein Warnsystem soll das verhindern, das bekommen nun alle Hamburger Landes-Lkw.
- Ragnar Vogt
- Stefan Jacobs
Hamburg will in den nächsten Wochen alle städtischen Lkw mit Abbiegeassistenzsystemen ausrüsten. Damit wolle die Stadt Vorreiter in ganz Europa werden, berichtete der NDR-Sender 90,3. Mit solchen Systemen soll ein typischer und für Radfahrer und Fußgänger oft tödlicher Unfall vermieden werden: Der technische Assistent warnt den Fahrer, wenn sich beim Rechtsabbiegen im toten Winkel Menschen befinden.
Seit dem vergangenen Frühjahr hatte der Stadtstaat Hamburg bereits in einem Pilotprojekt 18 Lkw mit Assistenzsystemen ausgestattet. Hamburg nutzte dafür die Systeme von drei verschiedenen Herstellern, die die Kriterien des Bundesverkehrsministeriums erfüllen.
Dieser Test verlief so erfolgreich, dass die Systeme in allen Lkw belassen wurden. Zudem sollen nun alle 2.000 städtischen Lastwagen mit über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht ausgerüstet werden, etwa bei Feuerwehr und Stadtreinigung. Pro Fahrzeug würden zwischen 1000 und 2000 Euro Kosten anfallen, berichtete der NDR.
Wie in Berlin kommt es auch in Hamburg immer wieder zu Unfällen, wenn ein Lkw rechts abbiegt und dabei nicht bemerkt, dass sich jemand in seinem toten Winkel befindet. Zuletzt starb am Montag in Hamburg-Wandsbeck ein 76 Jahre alter Mann. Er war auf dem Rad unterwegs und wollte eine Kreuzung geradeaus überqueren. Ein Lkw, der im Auftrag der Stadtreinigung Weihnachtsbäume einsammelte, wollte rechts abbiegen und überrollte dabei den Radler.
Auch Berlin will Abbiegeassistenten in Lkw von Landesunternehmen
In Berlin hat Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) bereits im September 2018 alle Landesunternehmen aufgefordert, ihre Lkw-Fuhrparks mit Abbiegeassistenten nachzurüsten. Teilweise, etwa bei den Berliner Wasserbetrieben, ist die Nachrüstung bereits erledigt. Bei anderen Landesunternehmen gibt es noch Schwierigkeiten, unter anderem weil wegen Spezialaufbauten noch technische Lösungen gefunden werden müssen.
Diese Aktionen von Hamburg und Berlin haben zwar einen Vorreitercharakter. Für deutlich mehr Sicherheit für Radfahrer und Fußgänger werden sie nicht sorgen, schließlich machen die Lkw von Landesunternehmen nur einen kleinen Anteil am gesamten Lastwagenverkehr in den Städten aus.
Bei der BVG sind die neueren Busse bereits mit Kameras an den Türen rechts ausgestattet, die auch beim Abbiegen helfen sollen. Parallel kündigt Unternehmenssprecherin Petra Nelken an: „Abbiegeassistenten werden kommen – nicht alle auf einmal, aber sie kommen.“ Das gelte insbesondere für die schweren Betriebsfahrzeuge wie die kürzlich angeschafften Abschleppwagen.
Verbot für Lkw ohne Abbiegeassistent wird wohl nicht kommen
Deutlich mehr würde ein generelles Fahrverbot für Lastwagen ohne die Technik in der City bringen. Ein solches Vorhaben hält die Berliner Verkehrsverwaltung aber für nicht durchsetzbar: Um ein Verbot durchzusetzen, müsste für jede einzelne Kreuzung eine Gefahrenlage nachgewiesen werden, hatte ein Sprecher von Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) unter Berufung auf die hauseigene Rechtsabteilung schon vor längerer Zeit erklärt.
Er widersprach mit dieser Einschätzung einem Gutachten, das die Grünen-Bundestagsfraktion in Auftrag gegeben hatte. Ein Hauptargument der Skeptiker ist, dass ein Verbot mit den aktuellen EU-Zulassungsrichtlinien kollidiere: EU-weit sollen Abbiegeassistenten voraussichtlich erst ab 2022 vorgeschrieben werden. Das gilt allerdings nur für Neufahrzeuge, so werden noch eine ganze Zeit Lkw ohne die Systeme durch die Straßen fahren.
Im Schnitt wurden in Berlin in den vergangenen Jahren jeweils etwa fünf Fußgänger und Radfahrer von rechts abbiegenden Lastwagen getötet. Deutlich mehr wurden schwer verletzt. Zuletzt starb eine Fahrradfahrerin in Kreuzberg: Ein rechts abbiegender Lkw überrollte sie am Kottbusser Tor.
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