Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer: Günther Oettinger will "Mare Nostrum" wieder aufnehmen
Bis zu 950 Menschen starben bei der jüngsten Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer. EU-Kommissar Günther Oettinger drängt nun auf eine Neuauflage des Seenotprogramms "Mare Nostrum". Am Nachmittag beraten die Außenminister.
EU-Kommissar Günther Oettinger hat die EU-Staaten zur sofortigen Wiederaufnahme des Rettungseinsatzes “Mare Nostrum“ nach der jüngsten Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer gefordert. “Dieses Instrument wieder zu aktivieren, halte ich für sofort notwendig“, sagte er vor der Sitzung des CDU-Präsidiums am Montag in Berlin.
Das von der italienische Regierung finanzierte Programm, das mittlerweile vom EU-Grenzschutzeinsatz Triton abgelöst wurde, habe zwar nicht alles Leid verhindern, es aber zumindest lindern können. Bei “Mare Nostrum“ war die italienische Marine wesentlich näher an die nordafrikanische Küste gefahren, um Flüchtlinge in Seenot aufzunehmen.
Die EU-Partner könnten nicht Italien und Griechenland die gesamte Aufgabe überlassen, kritisierte Oettinger. Die EU-Staaten müssten deshalb dringend mehr Geld, Mitarbeiter und Schiffe zur Verfügung stellen. Die Wiederbelebung von “Mare Nostrum“ könnte eine Maßnahme sein, die die EU-Außen- und Innenminister am Montag bei ihrer Beratung in Luxemburg beschließen, sagte er.
Bis zu 950 Flüchtlinge starben bei Katastrophe im Mittelmeer
Oettinger forderte zudem eine entschiedene Hilfe für Nordafrika. Ein Schlüsselland sei Libyen. “Wir müssen die Kraft aufbringen, mit Entwicklungshilfe, aber auch militärisch mehr zu tun, dass eine gewisse Ordnung für die Durchführung von Asylbewerberfahren vor Ort auch glaubwürdig erscheint.“ Einen entsprechenden Vorschlag hatte schon Bundesinnenminister Thomas de Maiziere gemacht.
Beim Untergang eines Flüchtlingsschiffes vor der Küste Libyens sind am Wochenende nach Angaben von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier vermutlich bis zu 950 Menschen umgekommen. Nötig sei nun „eine offene Diskussion ohne Tabus“, sagte Steinmeier. Auch der Außenminister verlangte, den Blick stärker auf die afrikanischen Transit- und Herkunftsländer zu richten.
„Das wichtigste Transitland ist im Augenblick Libyen - ein Land, das dabei ist zu zerfallen, wenn wir nicht den Prozess unterbrechen und umkehren.“ Schleuserbanden machten sich die instabile Lage dort zunutze. Die EU müsse sich daher entschieden um die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit in Libyen bemühen. Die Schwierigkeiten in Nordafrika seien „nicht kurzfristig zu lösen“, räumte Steinmeier ein.
Steinmeier fordert internationale Aktion gegen Schleuserbanden
Vonnöten sei auch „eine international koordinierte Aktion gegen Schleuserbanden“, führte Steinmeier auf. Das Thema sei bereits beim G-7-Außenministertreffen in Lübeck besprochen worden und werde bei den Beratungen der EU-Außen- und Innenminister in Luxemburg wieder auf den Tisch kommen. Die Banden nutzten „in zynischer Art und Weise“ das Schicksal der Menschen in Afrika aus, um daraus immensen Profit zu schlagen, sagte der Minister.
EU-Ratspräsident Donald Tusk versucht derzeit, einen EU-Sondergipfel zur Flüchtlingsproblematik zu organisieren.
Auch die Vorsitzende der Grünenfraktion im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, fordert eine Neuauflage des "Mare Nostrum"-Programms. "Wir haben eine humanitäre Verpflichtung zu helfen", sagte sie dem Tagesspiegel. Die Europäische Union müsse sichere Wege für die Flüchtlinge schaffen und könne diese nicht weiterhin wie bisher "zynisch ihrem Schicksal" überlassen. (reuters/TSP)