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Ein Projekt: Mehr Ladestationen für E-Autos.
© Patrick Pleul/zb/dpa

Milliardenfonds für Klima, Infrastruktur, Digitales: Grüne wollen Investitionen über mehr Schulden

Die Grünen fordern eine Lockerung der Schuldenbremse und wollen den Kreditspielraum des Bundes verdreifachen. Die Union will da nicht mitmachen.

Die Wirtschaft schwächelt, die Politik soll gegenhalten. Schon seit dem Frühjahr schwillt der Chor derer an, die von Bund, Ländern und Kommunen erheblich mehr Investitionen fordern. Am Donnerstag haben sich die Grünen eingereiht – mit der Forderung, die Schuldenbremse im Grundgesetz zu lockern, damit der Bund für Investitionen jährlich etwa 35 Milliarden Euro an neuen Krediten aufnehmen kann. Zur Einordnung: Im neuen Etat für 2020, der in der kommenden Woche im Bundestag beraten wird, dürfte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) nach der grundgesetzlichen Verschuldungsregel nur etwa zehn Milliarden Euro neue Schulden machen. Laut dem Papier, hinter dem die Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck sowie die Fraktionsführung im Bundestag stehen, soll das Geld in einem neuen „Bundesinvestitionsfonds“ gesammelt werden – ausgestaltet als Sondervermögen im Bundeshaushalt, womit es unter die Schuldenbremse fällt. Daher muss das Grundgesetz geändert werden, wobei die Grünen hier einen neuen Deckel festlegen wollen: Die Grenze für die Nettoneuverschuldung pro Jahr soll künftig bei einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen. Derzeit erlaubt das Grundgesetz dem Bund eine Neuverschuldung in Höhe von 0,35 Prozent des BIP. Der Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler bezeichnet die Lockerung der Schuldenregel als „Update für Zukunftsinvestitionen“. Zwar sei die Begrenzung „exorbitanter Verschuldung“ weiterhin wichtig, doch seien „unterlassene Investitionen und eine zerfallende Infrastruktur auch versteckte Schulden“. Ziel der höheren Neuverschuldung sei die Verdopplung des Investitionsvolumens des Bundes. Im Haushaltsplan für 2020 hat Scholz dafür knapp 40 Milliarden Euro eingestellt, was vor allem die Grünen und die Linken als deutlich zu wenig kritisieren. "Die Bundesregierung hat bisher eine Zick-Zack-Investitionspolitik nach Kassenlage gemacht", sagt Kindler. "Wir brauchen jetzt eine dauerhafte Investitionsstrategie mit gesicherten, hohen Finanzzusagen."

Eigene Gesellschaft für Ladesäulen

Nach den Vorstellungen der Grünen soll der Bundesinvestitionsfonds vor allem in klimarelevante Projekte investieren, in die öffentliche Infrastruktur sowie den Ausbau der Digitalisierung. Aber bei dem Fonds allein soll es nicht bleiben. Ein Teil des Geldes soll in die Gründung neuer Investitionsgesellschaften des Bundes gesteckt werden. Eine Idee: Eine „Ladesäulengesellschaft“ etwa solle bundesweit die E-Mobilität voranbringen. Da eine solche Gesellschaft eigene Einnahmen haben würde, dürfte sie schon nach der aktuellen Rechtslage auch eigene Schulden aufnehmen, die nicht unter die Schuldenbremse fallen. Somit würde der Spielraum für kreditfinanzierte Investitionen noch über die 35 Milliarden Euro hinausgehen.
Der Vorstoß der Grünen reiht sich ein in die Forderungen bekannter Ökonomen an die Bundesregierung, in die Wirtschaftsflaute hinein das Geldausgeben zu verstärken. Zuletzt hat Michael Hüther vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft die Schuldenbremse kritisiert und einen Infrastrukturfonds des Bundes mit einem Volumen von 450 Milliarden Euro gefordert. In der Koalition stoßen solche kreditfinanzierten Nebenhaushalte jedoch auf Ablehnung. Bei einem Gespräch der Haushaltspolitiker der Koalition mit Scholz am Dienstag war eine Lockerung der Schuldenpolitik kein Thema. Allerdings sind linke Sozialdemokraten durchaus offen dafür.

Union will schwarze Null halten

In der Union will man an der schwarzen Null, dem ausgeglichenen Etat ohne neue Schulden, grundsätzlich festhalten. Allerdings hat die CSU gerade eine Klimaanleihe befürwortet, mit der umweltpolitische Investitionen finanziert werden sollten. Fraktionsvize Andreas Jung von der CDU sagte dem Tagesspiegel jedoch, eine solche Anleihe müsse mit der schwarzen Null „in Einklang stehen“. Damit wäre eine direkte Bundesanleihe nicht möglich, wohl aber über eine Institution wie die Kreditanstalt für Wiederaufbau. Jung teilt Habecks Auffassung nicht, dass die Schuldenbremse nur eine „haushalterische Nummer“ sei, die Zukunftsinvestitionen behindere, wie der Grünen-Chef unlängst sagte. Wenn man sich von der Schuldenbremse wegbewege, „gibt es schnell kein Halten mehr“, sagt Jung. „So war es doch immer in den vergangenen Jahrzehnten – jede Generation glaubte, dass ihre Aufgaben und ihre großen Ziele hohe Schulden rechtfertigten, egal ob die Zeiten gut oder schlecht waren. Wir wissen doch nicht, was auf kommende Generationen zukommt. Daher sollten wir jetzt solide bleiben.“

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