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Sind die Tage von Giorgos Papandreou als griechischer Ministerpräsident gezählt? Medienberichte sehen seine Regierung vor dem Ende.
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Euro-Krise: Griechische Regierung vor dem Sturz

Bei der Vertrauensabstimmung im griechischen Parlament am Freitag droht Regierungschef Papandreou innerparteilicher Widerstand. Damit wäre seine Regierung am Ende. Europa hat Milliardenkredite auf Eis gelegt.

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Zwei Abgeordnete der Sozialisten kündigten am Donnerstag an, Regierungschef Giorgos Papandreou nicht das Vertrauen aussprechen zu wollen. Das berichtet der griechische TV-Sender Net. Papandreou verfügt im Parlament derzeit nur noch über eine hauchdünne Mehrheit von 152 der 300 Abgeordneten, ohne die Parlamentarierinnen wären es 150.

Papandreou hat am Donnerstag eine Krisensitzung seines Ministerrates einberufen. Sie soll um 11 Uhr beginnen. Dies teilte sein Büro mit. Anschließend soll nach Berichten des staatlichen Fernsehens auch die Parlamentsfraktion der regierenden Sozialisten tagen. In Athen gingen Analysten davon aus, dass es „schlagartige“ Entwicklungen zu erwarten seien. Zahlreiche Minister und Parlamentarier hatten zuvor den griechischen Premier aufgerufen, seine Pläne zu einer Volksabstimmung zum Hilfspaket für Griechenland zurückzunehmen.

Unklarheit gibt es auch über den Inhalt des geplanten Referendums. Papandreou hatte nach einem Krisengespräch mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigt, dass bei der Volksabstimmung über Griechenlands Verbleib in der Euro-Zone entschieden werde. Unter dem Druck der Euro-Staaten kündigte Papandreou an, dass das Referendum so bald wie möglich abgehalten werden solle, "vermutlich am 4. Dezember". Damit fände die Abstimmung einige Tage vor dem Datum statt, an dem die nächste Kreditauszahlung benötigt würde, um die Löhne und Renten in Griechenland noch bezahlen zu können. Nach den Worten Merkels und Sarkozys kann die nächste Tranche für das hochverschuldete Land erst ausgezahlt werden, wenn Klarheit über die griechische Haltung zum Krisenplan besteht. Vorher könne "nicht ein Cent" überwiesen werden, sagte Sarkozy. Papandreous Finanzminister Evangelos Venizelos sieht das aber alles etwas anders. Der Verbleib Griechenlands im Euro-Raum darf nach den Worten des griechischen Finanzministers nicht von einem Referendum abhängen. Die Position Griechenlands in der Euro-Zone sei eine historische Errungenschaft, die nicht infrage gestellt werden dürfe, sagte Venizelos am Donnerstag. Sie könne nicht von einem Referendum abhängen. Nun hat sich auch ein zweiter griechischer Minister gegen den Plan ausgesprochen, das Volk über einen Verbleib in der Eurozone abstimmen zu lassen. Der Rettungsplan der EU müsse vom Parlament ratifiziert werden, so wie es in der Eurozone vorgesehen sei, erklärte Entwicklungsminister Michalis Chryssohoidis laut griechischen Medien. Zuvor hatte sich bereits Finanzminister Evangelos Venizelos gegen das geplante Referendum in seinem Land ausgesprochen. Für Freitag ist eine Vertrauensabstimmung im griechischen Parlament geplant, wo Ministerpräsident Giorgos Papandreou nur noch eine äußerst knappe Mehrheit von zwei Stimmen hat.

Gib mir Fünf. Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Gipfel vor dem Gipfel in Cannes an der Seite von Nicolas Sarkozy. Im Fokus: Giorgos Papandreou (r.) und dessen Pläne für ein Referendum.
Gib mir Fünf. Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Gipfel vor dem Gipfel in Cannes an der Seite von Nicolas Sarkozy. Im Fokus: Giorgos Papandreou (r.) und dessen Pläne für ein Referendum.
© AFP

Klar ist dagegen etwas anderes: Griechenland muss erstmal auf Kreditzahlungen warten. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy gaben die Entscheidung der Euro-Staaten am späten Mittwochabend in Cannes nach einem Krisengespräch mit dem griechischen Premier Giorgos Papandreou bekannt. Die Auszahlung war ursprünglich für November geplant. Griechenland droht aber keine unmittelbare Pleite, in der Staatskasse ist nach Angaben aus Athen noch Geld bis Mitte Dezember. Von den acht Milliarden Euro müsste Deutschland 1,7 Milliarden zahlen.

Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker sieht in der im Dezember anstehenden Volksabstimmung in Griechenland vor allem ein Votum zum Verbleib in der Eurozone. "Wir hätten gern, dass Griechenland Mitglied bleibt", sagte er am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin“. "Aber wir sagen nicht: Griechenland muss zu jedem Preis Mitglied bleiben." In Sachen Griechenland könne die Europäische Union nicht "permanent Achterbahn fahren". "Wir müssen wissen, wo es lang geht." Es müsse zwar alles dafür getan werden, dass sich ein Land nicht aus der Eurozone ausklinke, sagte Juncker. Sollte dies aber der Wunsch des Volkes sein, "dann können wir die Griechen nicht zu ihrem Glück zwingen" fügte er mit Blick auf das Referendum hinzu. Schließlich müssten auch Ansteckungsgefahren für andere Länder vermieden werden.

Noch vor dem Krisengespräch in Cannes hatten die EU-Partner den Druck auf Griechenland erhöht. Europa müsse „genau wissen, was jetzt erfolgt“, mahnte Merkel. Um die Gipfelbeschlüsse zur Griechenland-Rettung umzusetzen, brauche es „Klarheit“ über die kommenden Schritte. Über Papandreous Vorstoß ist die Bundesregierung offenbar verärgert. Merkel, die nicht vorab informiert worden war, sagte vor dem Gipfel nur: „Wir haben die Entscheidung zur Kenntnis genommen.“

Am Mittwochabend musste Papandreou im Vorfeld des G-20-Treffens in Cannes seinen internationalen Geldgebern Rede und Antwort stehen. Papandreou hatte den Sparkurs verbindlich zugesagt. Die Basis seiner Regierung aber schwindet, auch wenn er sich tags zuvor in einer Krisensitzung des Kabinetts die Zustimmung seiner Minister sicherte. Papandreou zeigte sich überzeugt, die für Freitag geplante Vertrauensabstimmung im Parlament zu gewinnen.

Das griechische Referendum zum Hilfspaket soll am 4. oder 5. Dezember stattfinden. Das sagte Sarkozy nach dem Treffen in Cannes. Abgestimmt werden solle nur über das Rettungspaket, nicht aber über eine Mitgliedschaft in der Euro-Zone, sagte ein Sprecher der Regierung in Athen. Das griechische Volk müsse jedoch klar zu erkennen geben, ob es weiter in der Euro-Zone verbleiben wolle oder nicht. Auch ein Austritt aus der Euro-Gruppe ist kein Tabu mehr. "Wir sind gewappnet", sagte Merkel.

Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker warnte die Euro-Staaten davor, im Alleingang von den Beschlüssen des Gipfeltreffens Ende Oktober abzurücken. Vor einer Woche hätten die 17 Euro-Staaten die Entscheidungen gemeinsam getroffen, sagte Juncker in Cannes. „Wir werden nicht akzeptieren, dass irgendjemand von diesen Beschlüssen abrückt.“

Die Brüsseler Gipfel-Beschlüsse werden jedoch bereits in Frage gestellt. Der deutsche Bankenverband betonte, der freiwillige Forderungsverzicht der privaten Geldgeber Griechenlands liege bis zum Referendum auf Eis. „Solange das Ergebnis der Volksabstimmung nicht vorliegt, ist auch ein konkretes Angebot der griechischen Regierung für den geplanten Anleihetausch wenig sinnvoll“, erklärte der Bundesverband deutscher Banken (BdB).

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn verteidigte dagegen das Vorhaben: „Papandreou ist im Recht, das griechische Volk zu befragen“, sagte er dem Tagesspiegel. Zur Begründung sagte der Minister, dass demokratische Prinzipien überall auf der Welt gleichermaßen gelten müssten. „Wir dürfen uns in der EU nicht nur für demokratische Werte in Libyen einsetzen, sondern müssen auch für den Erhalt der Demokratie in Europa kämpfen.“ Asselborn forderte Merkel, Sarkozy und EU-Repräsentanten auf, in Griechenland aktiv für das neue Hilfspaket zu werben. „Dann kann das Referendum auch gewonnen werden“, sagte der Außenminister. (mit dpa)

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